Lukas Hefermehl, Urologe am KSB

«Liebe Männer, Prostatakrebs geht uns alle an»

Prostatakrebs gilt bei vielen als «ungefährliche» Krebsform – ein Irrtum. KSB-Urologe Lukas Hefermehl über Symptome, Therapien und die Wichtigkeit von Vorsorgeuntersuchungen für Männer ab 50 Jahren.

Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart und gleichzeitig die zweithäufigste Todesursache aufgrund von Krebs bei Männern. Der Blick in die Statistik widerlegt also den anscheinend immer noch weitverbreiteten Irrtum, diese Krebsform sei grundsätzlich eher ungefährlich. Für Lukas Hefermehl, Urologe am Kantonsspital Baden, braucht es deshalb dringend mehr Aufklärung. «In meiner urologischen Sprechstunde stelle ich fest, dass viele Männer schlecht informiert sind. Die tendenzielle Bagatellisierung des Prostatakrebses stammt aus Zeiten, als Diagnostik und Therapie noch zu wenig erforscht und ausgereift waren.» Gleich geblieben ist allerdings das Heimtückische der Krankheit. «Diese Krebsart macht sich in der Regel erst bemerkbar, wenn es schon zu spät für eine heilende Therapie ist.» Deshalb sind Vorsorgeuntersuchungen derart wichtig.

Der Spezialist: Lukas Hefermehl

PD Dr. med. Lukas Hefermehl ist Spezialist für Prostatakrebs und Roboterchirurgie. Vor seinem Engagement am Kantonsspital Baden war er unter anderem am Universitätsklinikum Grosshadern in München tätig, mit Fokus auf roboterassistierte Operationen. Hefermehl ist zudem Privatdozent an der Universität Zürich.

Unklare Symptome bei Prostatakrebs

Vermehrter Harndrang, Schwierigkeiten beim Urinieren, verminderter Samenerguss oder Schmerzen im unteren Rückenbereich: All diese und weitere Symptome bedeuten alles oder nichts. «Typische Symptome, die frühzeitig auf ein bösartiges Prostatakarzinom hinweisen, gibt es nicht», sagt Lukas Hefermehl. Und: «Betroffene Männer haben oft lange überhaupt keine Beschwerden.» Deshalb entdeckt man den Krebs in vielen Fällen auch erst, wenn er schon in umgebende Strukturen eingewachsen ist. Möglich ist auch, dass sich bereits Metastasen ausserhalb der Prostata gebildet haben. «Das müsste nicht sein. Mit der heutigen Technik ist die Krankheit früh erkennbar, Die Heilungsaussichten sind durch individualisierbare Therapiestrategien gut.»

Beobachten oder operieren?

Nicht jeder Prostatakrebs wird sofort operiert oder bestrahlt. Vor über 20 Jahren hat das KSB als europaweit eines der ersten Spitäler die sogenannte «active surveillance» eingeführt, also die aktive Überwachung bei Prostatakrebspatienten. Lukas Hefermehl: «Je nach Stadium und Aggressivität reichen vorerst regelmässige Kontrollen. So können eine aktive Therapie und damit verbundene Nebenwirkungen vermieden oder zumindest hinausgezögert werden.» Bei einem kleinen, aber behandlungsbedürftigen Tumor bietet sich eine schonende und organerhaltende Therapie mittels therapeutischen Ultraschalls (HIFU) an. «Ab einer gewissen Grösse oder Aggressivität sollte die Prostata entweder operativ entfernt oder bestrahlt werden.»

Das Gespräch ist wichtig

Ob und wie man einen Prostatakrebs behandelt, ist von Fall zu Fall verschieden. «Deshalb nehmen wir uns in der Sprechstunde viel Zeit, um für jeden Patienten die individuell beste Lösung zu finden. In diesen Gesprächen wägen wir Vor- und Nachteile genau ab», sagt Lukas Hefermehl. Das Kantonsspital Baden verfügt als zertifiziertes «Europäisches Prostatakrebszentrum» über die modernsten Techniken zur Diagnostik und Therapie. So führen die Chirurgen die Prostatakrebsoperationen mittels Da-Vinci-OP-Roboter der neusten Generation durch. Trotz dieser guten technischen Voraussetzungen liegt Urologe Hefermehl ein Botschaft besonders am Herzen. «Gerade Männer blenden potenzielle Gesundheitsprobleme oft einfach aus. Dabei sollten sie sich ab 50 Jahren unbedingt mit dem Thema Prostatakrebs auseinandersetzen.»

Prostatakrebs: Was Mann wissen sollte

Wer ist gefährdet?

Bei jedem sechsten Mann ab 50 Jahren wird ein Prostatakarzinom diagnostiziert. Wobei etwa ein Viertel der Betroffenen daran stirbt. Männer ab 50 Jahren sollten sich also informieren und sich einer Vorsorgeuntersuchung unterziehen. Bei Männern, in deren direkter Verwandtschaft bereits ein Prostatakrebsfall aufgetreten ist, sollten sich bereits ab 45 Jahren untersuchen lassen.

Wie läuft eine Vorsorgeuntersuchung ab?

Die Untersuchung am KSB beginnt mit einem individuellen Gespräch über allfällige Beschwerden sowie über Sinn und Konsequenz einer Vorsorgeuntersuchung. Anschliessend erfolgt eine Blutentnahme zur PSA-Kontrolle. Die Abkürzung PSA bedeutet Prostata-spezifisches Antigen. Ein erhöhter PSA-Wert im Blut kann auf Prostatakrebs hindeuten. Eine Erhöhung kann aber auch bei einer Prostataentzündung oder bei einer gutartigen Vergrösserung der Prostata vorkommen. Eine urologische Untersuchung schafft Klarheit.

Welche Therapien gibt es?

Jede Therapieoption hat Vor- und Nachteile und wird bei jedem Mann individuell angeschaut. Meist sind es die folgenden Optionen.

Aktive Überwachung
Wenn bei einem kleinen, nicht aggressiven Prostatakrebs vorerst keine Behandlung nötig ist, bietet sich eine aktive Überwachung an. Diese beinhaltet alle sechs Monate eine PSA-Kontrolle und alle zwei Jahre eine Gewebeprobe der Prostata. Wird der Tumor grösser oder aggressiver, kommt meist eine Operation, eine Bestrahlung oder ein HIFU in Frage. Diese Behandlungen erfolgen in der Regel rechtzeitig, die Heilungschancen sind deshalb gut.

Therapie mittels HIFU
Bei der Therapie mit hochintensivem fokussiertem Ultraschall (HIFU) wird das Karzinom durch eine Sonde millimetergenau zerstört. Mittels therapeutischer Ultraschallsonde gelangt Hitzeenergie zur Prostata, «verbrennt» dort den Krebs und schont dabei das umliegende gesunde Gewebe. Dieses Verfahren kommt nur bei Patienten in Frage, bei denen ein kleiner Tumor von mittlerer Aggressivität vorliegt.

Operation und Strahlentherapie
Wenn die oben genannten Therapieoptionen nicht möglich sind, muss die gesamte Prostata mittels Operation oder Bestrahlung behandelt werden. Der Chirurg operiert meist minimalinvasiv mittels Operationsroboter, wobei er die komplette Prostata entfernt. Bei der Bestrahlung berechnet ein Medizinphysiker die für den Patienten optimale Strahlendosis. Mittels dem Bestrahlungsgerät – auch Linearbeschleuniger genannt – wird der Tumor bestrahlt.

Was ist eine gutartige Prostatavergrösserung?

Von einer gutartigen Prostatavergrösserung sind mit zunehmendem Alter fast alle Männer betroffen. Bei leichteren Beschwerden können Medikamente helfen. Allerdings lässt ihre Wirkung nach einiger Zeit nach. Massgeblich ist eine regelmässige Überwachung durch einen erfahrenen Urologen. Ist eine Operation induziert, sollte mit dem Termin nicht zu lange gewartet werden.

 

Das Prostatazentrum am KSB

Falls Sie Fragen zum Thema haben oder sich für eine Vorsorgeuntersuchung anmelden möchten, wenden Sie sich ans Prostatakrebszentrum am Kantonsspital Baden. Das durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifizierte Europäische Prostatakrebszentrum garantiert höchste Qualitätsstandards in Diagnostik und Therapie von Prostatakrebspatienten.

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