«Der passende BH? Auch für mich ein Rätsel»

Cornelia Leo leitet das interdisziplinäre Brustzentrum am KSB. Im Interview erzählt sie von ihrem emotionalsten Erlebnis und erklärt, weshalb auch sie immer wieder auf ungelöste Fälle stösst.

Brustkrebs ist zwar häufig, zum Glück aber auch häufig heilbar. Cornelia Leo kämpft täglich gegen Brustkrebs. Sie leitet das interdisziplinäre Brustzentrum am KSB und erzählt im Interview, was ihr Kopfzerbrechen bereitet, wie oft sie männliche Patienten betreut, was sie an der Brust fasziniert und wie wichtig ein passender BH tatsächlich ist.

Mein emotionalstes Erlebnis …

… ist die Geschichte einer meiner jungen Patientinnen, die mit Anfang dreissig an Brustkrebs erkrankte. Nach abgeschlossener Chemo und Bestrahlung wünschte sie sich ein Kind – trotz laufender Antihormontherapie. Das wäre eigentlich nicht möglich gewesen, da die Antihormontherapie für etwa fünf Jahre fortgeführt werden muss. Nach eingehenden Gesprächen entschied sich meine Patientin für die Teilnahme an einer klinischen Studie, in der junge Frauen mit Kinderwunsch diese Therapie zeitweilig unter ärztlicher Kontrolle unterbrechen. Und tatsächlich wurde sie schwanger, trotz all der Therapien, die ihr Körper schon hatte verkraften müssen. Als ich dann ihr Kind zum ersten Mal sah, war das für mich sehr emotional. Ich habe mich extrem für sie und ihren Mann gefreut. Das kleine Wunder ist inzwischen etwa drei Jahre alt.

«Einer Frau zu helfen, ihre körperliche Integrität zurückzuerlangen, gehört für mich auch zur Therapie.»

Den passenden BH zu finden, …

… ist für mich auch nicht einfach, da kann ich gut mit allen anderen Frauen mitfühlen. (Lacht.) Ich denke, es hilft, sich in einem guten Fachgeschäft beraten zu lassen. Einen besseren Tipp habe ich leider nicht. Für das Wohlbefinden ist es natürlich wichtig, dass der BH passt. Für die Brustgesundheit spielt es aber keine Rolle. Unsere Patientinnen im Brustzentrum werden jeweils von den BCCN (Breast and Cancer Care Nurse) begleitet. Das sind Pflegefachfrauen, die sich unter anderem auf Frauen mit Brustkrebs spezialisiert haben. Sie schauen beispielsweise, dass nach einer Brustoperation der BH gut sitzt, und beraten auch zu Prothesen, die Betroffenen nach einer Brustamputation helfen, sich in ihrem Körper wieder wohl zu fühlen.

Kopfzerbrechen bereitet mir, …

wenn ein Tumor resistent wird, also gegen die uns zur Verfügung stehenden Mittel unempfindlich. Es ist niederschmetternd, wenn sich Krebszellen durch weitere Veränderungen unseren Therapien entziehen können. Mithilfe moderner Methoden können Wissenschaftler diese Prozesse verstehen – und dabei neue Schwachstellen im Krebs finden, die Ansatzpunkte für zukünftige Therapien bieten. Trotzdem kommen wir heute manchmal nicht gegen die Krankheit an. Das zu akzeptieren, fällt mir sehr schwer.

«Manchmal kommen wir nicht gegen die Krankheit an. Das zu akzeptieren, fällt mir sehr schwer.»

Männer …

… stellen einen sehr kleinen Teil der Patienten im Brustzentrum. Schweizweit erkranken pro Jahr etwa 60 Männer an Brustkrebs, am KSB behandeln wir jährlich rund drei. Männer mit einer sogenannten Gynäkomastie sind hingegen häufiger. Dabei handelt es sich um ein gutartiges Wachstum des Drüsengewebes in der männlichen Brust. Die Ursache ist meistens ein Ungleichgewicht der Hormone. Auch diese Patienten therapieren wir im Brustzentrum. Wir achten natürlich auch bei den Männern darauf, dass sie sich wohl fühlen und dass es ihnen nicht unangenehm ist, zu uns zu kommen.

Mich fasziniert an der Brust …

… ihre Komplexität. Mit einer Therapie ist es nicht getan, ich muss für jede Patientin individuell die besten Behandlungen zusammenstellen. Viele Betroffene begleite ich dann während mehrerer Jahre auf dem Weg zur Genesung. Ich mag das vertraute Verhältnis, das dadurch oft entsteht. Es gibt mir viel zurück, weil ich sehe, was wir mit unserer Arbeit bewirken können. Natürlich besitzt die Brust auch eine stark emotionale Bedeutung als äusseres Zeichen der Weiblichkeit. Einer Frau zu helfen, ihre körperliche Integrität zurückzuerlangen, gehört für mich daher auch zur Therapie. Zudem ist Brustkrebs ein Bereich, in dem sehr viel geforscht wird und in dem sich entsprechend vieles zum Positiven entwickelt – mittlerweile sind die Heilungschancen bei Brustkrebs mit bis zu 90 Prozent sehr hoch. Es ist herausfordernd, in einem wissenschaftlich so aktiven Gebiet tätig zu sein.

Interdisziplinäres Brustzentrum am KSB

Sind Sie von Brustkrebs betroffen? Oder möchten Sie eine Auffälligkeit ihrer Brust abklären? Die Expertinnen und Experten des interdisziplinären Brustkrebszentrums am KSB helfen Ihnen gerne weiter.






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