Nadel im Heuhaufen als Symbolbild für die interventionelle Radiologie

Mit der interventionellen Radiologie die Nadel im Heuhaufen finden

Der interventionelle Radiologe Michael Kostrzewa macht das Innere des Körpers sichtbar und schafft medizinische Entscheidungsgrundlagen. Er ist Akteur und Sicherheitsbeauftragter zugleich.

An der Schnittstelle zwischen Diagnostik und Behandlung agiert Michael Kostrzewa als interventioneller Radiologe am KSB. Die Radiologie macht Gefäss- und Organkrankheiten sichtbar und liefert durch Röntgen, Ultraschall, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) Bilder von Erkrankungen im Innern des Körpers. Das ist wichtig für die anschliessende Behandlung. Die interventionelle Radiologie geht dabei noch weiter. «Gelangen wir mittels CT, MRT oder Ultraschalls zu einem auffälligen Befund, dann empfiehlt sich eventuell eine Biopsie, um einen Verdacht zu bestätigen oder eine Diagnose zu stellen», sagt Michael Kostrzewa. Bei einer Biopsie wird dem Körper Gewebe entnommen, um es danach unter dem Mikroskop zu untersuchen. Minimalinvasiv nehmen Michael Kostrzewa und sein Team in vielen Fällen dann selbst Eingriffe vor.

Den Tumor verkochen mit interventioneller Radiologie

Modernste medizinische Hightech-Geräte sind dafür ausgelegt, Eingriffe über möglichst kleine Zugänge durchzuführen. Wie umfassend die radiologischen Behandlungsmöglichkeiten sind, zeigt die Tumortherapie. Lokalisiert Kostrzewa einen bösartigen Tumor, beispielsweise in der Leber, hat er verschiedene Möglichkeiten für das weitere Vorgehen. Er kann beispielsweise ganze Gefässe verschliessen, damit diese den Tumor nicht mehr mit Blut versorgen. Häufig injiziert er auch Medikamente direkt in die Gewebewucherung.

Porträtbild von Michael Kostrzewa, Leitender Arzt, Leiter interventionelle Radiologie
«Teilweise finden wir Einzellösungen, die nirgendwo beschrieben sind.»
Michael Kostrzewa, Leitender Arzt, Leiter interventionelle Radiologie

Eine weitere Möglichkeit: «Unter Bildgebung können wir einen Tumor quasi verkochen», sagt der Radiologe. Zu diesem Zweck wird eine spezielle Nadel gezielt eingebracht, an deren Spitze ein Mikrowellenfeld generiert wird. Auch eine interne Strahlentherapie ist eine Option. Hierfür gibt Kostrzewa kleine Partikel, die ein radioaktives Element in sich tragen, direkt in die Gefässe. Somit bestrahlt er etwa die Leber von innen. «Der Vorteil ist, dass wir auf diese Weise direkt in der Leber höhere Dosen erreichen als bei einer Bestrahlung von aussen. Wir sind zielgenauer und können umliegendes Gewebe schonen.»

Hochdruck vor der Leber

Ein weiteres Verfahren der interventionellen Radiologie ist die sogenannte TIPS-Methode. TIPS steht für «Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt». An der Entwicklung der TIPS-Methode wirkte Michael Kostrzewas Doktorvater bereits in den Achtzigerjahren massgeblich mit. Und sie kommt auch heute beim KSB zum Einsatz. Dabei wird Blut mit Hilfe von sogenannten Shunt-Verbindungen an der Leber vorbeigeleitet. Blut, das aus dem Darm kommt, muss für gewöhnlich durch die Leber fliessen, um zum Herzen zu gelangen.

Bei einer erkrankten Leber, etwa bei einer Leberzirrhose, wird der Widerstand in den kleinen Gefässen der Leber allerdings so hoch, dass sich das Blut vor der Leber staut. «Man schafft deshalb einen ‹Kurzschluss› durch die Leber, damit das Blut vom Darm direkt zum Herzen zurückfliessen kann. Denn dieser Hochdruck ist sehr gefährlich für den Patienten», erklärt Kostrzewa.

Von der Hals- bis zur Lebervene

Um den Hochdruck zu beheben, legen die Ärzte unter Vollnarkose einen Zugang zu einer Halsvene. «Dort wird dann eine wenige Millimeter grosse Schleuse eingeschoben. Es ist quasi ein kleiner Tunnel, durch den man arbeiten kann», sagt Kostrzewa. Die grosse Herausforderung: Der Shunt wird in der Leber gelegt. Kostrzewa muss also eine Nadel von der Halsvene bis in eine Lebervene führen, um so einmal quer durch die Leber zu punktieren und dort das Blutgefäss, das vom Darm kommt, zu erreichen. «Auf einer Distanz von etwa 40 Zentimetern ist also ein Ziel zu treffen, das einen Durchmesser von fünf Millimetern hat. Das kann eine Herausforderung sein», sagt Kostrzewa.

Interventionelle Radiologie als Sicherheitsnetz für die Chirurgie

Die Medizin sei ein Beruf mit relativ grossem Handlungsspielraum, sagt Michael Kostrzewa. Es gebe zwar Empfehlungen und Guidelines, aber jeder Patient sei anders. «Teilweise finden wir Einzellösungen, die nirgendwo beschrieben sind.» Selbst wenn Kostrzewa als Radiologe nicht alle von ihm diagnostizierten Erkrankungen am Ende selbst behandelt, spielt er eine wesentliche Rolle für den weiteren Behandlungsverlauf.

Als Beispiel wäre eine Erkrankung des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) zu nennen. «Die Bildgebung ist essenziell, damit die Chirurgen wissen, was sie erwartet und ob eine OP überhaupt noch möglich ist. Idealerweise bin ich als interventioneller Radiologe dann gar nicht mehr involviert. Aber wir bilden ein Sicherheitsdispositiv», erklärt er. Denn bei einer grossen OP wie am Pankreas kommt es auch in der Nachsorge immer wieder zu Komplikationen. «Das ist völlig normal und gehört zum Leben jedes Arztes. Aber es ist wichtig, dieses Sicherheitsnetz zu haben. Wenn es zum Beispiel nach der OP noch blutet, können wir zunächst diagnostisch die Blutung lokalisieren. Dann verschliessen wir das blutende Gefäss minimalinvasiv von innen», sagt Kostrzewa. Denn für den Chirurgen sei die Suche nach einem kleinen blutenden Gefäss mit der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleichzusetzen.

Interventionelle Radiologie im Zusammenspiel

Gerade im Bauchzentrum des KSB gibt es ein hohes Mass an Interdisziplinarität zwischen den Spezialistinnen und Spezialisten der unterschiedlichen Fachgebiete. «Heutzutage ist es in der Medizin entscheidend, nicht die eigene Disziplin als Leuchtturm zu sehen, sondern optimal zusammenzuarbeiten. Im Endeffekt möchten wir gemeinsam ein möglichst gutes Resultat für den Patienten erreichen», sagt Michael Kostrzewa. «Und im Team ist man immer stärker.»

Interventionelle Radiologie am KSB

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