Alexandra Sterk, die an Brustkrebs erkrankte, steht in ihrem Kino vor den Plakaten der aktuellen Filmen.

«Den ‹Untermieter› Brustkrebs wollte ich schnell loswerden»

Bei einer Routineuntersuchung ertastet die Frauenärztin einen Knoten in Alexandra Sterks Brust. Bald ist klar: Es ist ein bösartiger Brustkrebs. Heute, fünf Jahre und einige Chemotherapien später, geht es ihr wieder gut. Aber der Krebs hat einiges verändert.

Es hätte eine gewöhnliche Jahreskontrolle bei der Frauenärztin sein sollen. Doch es kam ganz anders. «Da ist ein Knoten», stellte die Ärztin beim Abtasten der Brust fest. Es folgten ein Ultraschall, eine Mammographie und eine Gewebeentnahme. Im März 2015, zwei Monate nach dem Besuch bei der Frauenärztin, erhält Alexandra Sterk aus Baden die Diagnose: Brustkrebs, rund anderthalb Zentimeter gross, keine Metastasen. «Das war ein Schock. Es hat mich kalt erwischt. Mit so etwas rechnet man ja nie.»

Mit dem Tumor auf die Loipe

Dennoch nimmt Alexandra Sterks Geschichte zunächst eine überraschende Wende: Am Tag nach der Diagnose fährt sie gemeinsam mit ihrem Partner in die Langlaufferien. «Das hatten wir schon lange gebucht. Und ich wollte dem Krebs zeigen, dass er sich den falschen Körper ausgesucht hat», erzählt Alexandra Sterk. Den Tumor nennt sie ab jetzt «Untermieter». Und diesen will sie so schnell wie möglich loswerden.

Nebst Familie und Freunden informierte die Kinobetreiberin umgehend auch alle ihre Angestellten. «Ich wollte kein Geheimnis daraus machen. Es war für mich am einfachsten, von Beginn an offen über meinen Gesundheitszustand zu sprechen.»

Alexandra Sterk arbeitete auch nach der Diagnose Brustkrebs noch weiter in ihrem Kino – so viel, wie eben möglich war.

Nebenwirkungen zu Beginn der Therapie

Kurz nach den Ferien im Schnee begann die Behandlung. Als Erstes entfernte man Alexandra Sterk mit einer brusterhaltenden Operation den Tumor. Dann folgte die medikamentöse Behandlung mit Chemo- und Immuntherapie. «Vor allem die ersten vier Chemos waren schlimm.» Sie habe alle möglichen Nebenwirkungen gespürt: Geschmacksverlust, Haarausfall, trockene Schleimhäute. Am schlimmsten war aber die Übelkeit. «Meine Mutter kochte während dieser Zeit für mich. Ich hatte keinen Appetit und ass einfach, weil ich musste.» Auch diesen ersten vier Infusionen der Chemotherapie gab sie einen Namen: Campari, «wegen der roten Farbe. Leider schmeckt mir Campari jetzt überhaupt nicht mehr», erzählt sie lachend. Es habe ihr aber geholfen, das Schlimme greifbar zu machen.

Was hat die Chemotherapie überhaupt mit Haarausfall zu tun?

Die Chemotherapie ist eine häufige Behandlung gegen Krebs. Dabei werden Patientinnen und Patienten Medikamente verabreicht, welche die Krebszellen daran hindern, sich weiter unkontrolliert zu teilen. Je nach Krebs setzt man die sogenannten Zytostatika ein, um den Tumor vor einer Operation zu verkleinern, nach einer Operation alle restlichen Krebszellen zu bekämpfen oder um dessen Wachstum zu bremsen und Komplikationen zu vermeiden.

Meistens wird die Chemotherapie über eine Infusion in eine Vene verabreicht. Sie verteilt sich deshalb über den Blutkreislauf im ganzen Körper. Die Zytostatika haben es auf die sich schnell teilenden Zellen des Tumors abgesehen. Allerdings greifen sie häufig auch gesunde, sich schnell teilende Zellen an. Dazu gehören beispielsweise die Haarzellen oder die Zellen des Verdauungstrakts. Das wiederum löst die typischen Nebenwirkungen wie Haarausfall oder Übelkeit und Erbrechen aus.

Als ihr wegen der Chemotherapie die Haare ausfielen, kaufte sich Alexandra Sterk Mützen und Tücher – oder zeigte sich mit Glatze. «Ich glaube, diese Offenheit hat einige überfordert. Immer wieder beobachtete ich, wie Leute einen Bogen um mich machten. Dafür habe ich auch Verständnis, aber eine Perücke hätte einfach nicht zu mir gepasst.» Sie schätzte es sehr, wenn Familie, Freunde und Bekannte einfach ganz normal mit ihr umgingen. «Es war hart, zu sehen, dass mich manche schon fast abgeschrieben hatten. Deshalb mein Rat: mit Betroffenen die Beziehung pflegen wie zuvor. Sie reagieren schon, wenn etwas nicht passt.»

Am Leben teilnehmen trotz Brustkrebs

Alexandra Sterk war es denn auch wichtig, trotz der Diagnose und der anhaltenden Therapie aktiv zu bleiben. «Ich habe immer gearbeitet – mal mehr, mal weniger. Und ich ging walken, machte Yoga und Zumba.» Immer wieder tat sie sich zudem ganz bewusst etwas Gutes. «Mal für ein Wochenende in die Berge fahren oder einen Film schauen – einfach nach Lust und Laune aus dem Therapietrott ausbrechen. Das hat mir sehr gutgetan.»

Zudem half ihr der Austausch mit anderen Betroffenen. Diese Frauen, die gleichzeitig mit ihr in der Therapie waren, trifft sie noch heute regelmässig. «Es geht vielen besser, das ist schön zu sehen. Eine aus der Gruppe hatte aber gerade kürzlich wieder einen Rückfall. Das macht einen schon nachdenklich.»

So tasten Sie Ihre Brust richtig ab

Bevor Frauen oder Ärzte den Brustkrebs mittels Abtastens entdecken, wächst er meistens schon eine ganze Weile. Deshalb ist es wichtig, auch andere Anzeichen für einen Tumor in der Brust zu kennen. Beispielsweise kann eine nach innen gezogene Brustwarze darauf hindeuten. Cornelia Leo, Leiterin des Interdisziplinären Brustzentrums am KSB, erklärt die wichtigsten Symptome.

Antihormontherapie ist noch nicht abgeschlossen

Im Verein «Brustkrebs – Wissen hilft weiter» ist sie heute noch aktiv. Dort unterstützen sich Betroffene und Geheilte gegenseitig. «Wir geben keinen ärztlichen Rat, das wäre vermessen. Wir können aber Frauen, denen die Therapie noch bevorsteht oder die mittendrin sind, ein offenes Ohr bieten und unsere Erfahrungen mit ihnen teilen.» Alexandra Sterk ist es wichtig, über die Krankheit aufzuklären. Mit Events bringt sie das Thema immer wieder in die Öffentlichkeit. «Viele Frauen schämen sich für ihre Krebserkrankung. Diese zusätzliche Belastung möchte ich ihnen nehmen.»

Alexandra Sterk hat den Grossteil der Behandlung abgeschlossen. Nur die Antihormontherapie läuft noch. Deswegen befindet sie sich seit etwa fünf Jahren in den Wechseljahren, mitsamt allen Nebenwirkungen. Zudem leidet sie ab und zu an Gliederschmerzen. «Dagegen hilft CBD-Öl. Aber sonst fühle ich mich gut.» Ihre Einstellung zum Leben hat der Krebs verändert: In ihrem Büro im Kino Trafo schaut ein caramelbrauner Irish Terrier neugierig von seinem Kissen hoch. «Ich wollte schon immer einen Hund, habe das aber immer auf später verschoben. Der Brustkrebs hat mir gezeigt, dass es vielleicht plötzlich kein Später mehr gibt. Deshalb habe ich mir nach der Chemotherapie diesen Wunsch erfüllt.»

Brustkrebszentrum am KSB

Sind Sie von Brustkrebs betroffen? Die Expertinnen und Experten vom Brustkrebszentrum am KSB helfen Ihnen gerne weiter.

Jetzt kontaktieren





Mehr zum Thema:

Top

Flop

Sie haben für diesen Artikel abgestimmt.

Sie haben gegen diesen Artikel gestimmt.

Newsletter Anmeldung