Ein Zauberer führt einen Trick vor.

Immuntherapie: Den Krebs austricksen

Seit wenigen Jahren gibt es Medikamente, die das Abwehrsystem im Kampf gegen Krebs unterstützen. Zwar reagiert nicht jeder Tumor gleich und die Immuntherapie ist teuer. Aber die Nebenwirkungen sind gering und die Ergebnisse oft vielversprechend.

Noch vor wenigen Jahren hatten Menschen mit schweren Krebsdiagnosen kaum eine Überlebenschance: Der schwarze Hautkrebs, der Nierenzellkrebs oder Tumore der Lunge galten praktisch als Todesurteil. Chemo- und Strahlentherapien waren (und sind) in den meisten Fällen die einzigen Waffen gegen viele Krebsarten. Aber sie haben teilweise schwere Nebenwirkungen, denn Chemo- und Strahlentherapie zerstören nicht nur krankes Gewebe, sondern greifen auch gesunde Zellen an. Bei einigen Krebsarten gibt eine Immuntherapie den Betroffenen neue Hoffnung im Kampf gegen die Krankheit.

Die verschiedenen Möglichkeiten einer Immuntherapie

Grundsätzlich bekämpft das Immunsystem fremde und kranke Zellen und bewahrt so den Körper vor Schäden. Das klappt aber gerade bei Krebszellen nicht immer. Hier setzt die moderne Medizin ein. «Gewisse Mechanismen unseres Immunsystems lassen sich nutzen, um Tumorzellen gezielt anzugreifen. Man kann zum Beispiel Antikörper gegen jene Zellen als Medikament verabreichen. Diese Antikörper binden sich an die bösartigen Zellen und zerstören sie. Diese Form der Immuntherapie wirkt allerdings nur bei wenigen Krebsarten, etwa bei Lymphdrüsenkrebs und einer Art von Brustkrebs», sagt Dr. Clemens Caspar, Chefarzt Onkologie/Hämatologie und Leiter des Tumorzentrums am KSB.

Die Infografik zeigt, wie die Immuntherapie funktioniert

So funktioniert die Immuntherapie

In den 1990er-Jahren wurden in den USA die ersten Forschungsergebnisse zur Immuntherapie veröffentlicht. Die Forscher wussten bereits, dass die T-Zellen des Immunsystems kranke Zellen zerstören können. Der Durchbruch begann aber anderswo: Die Forscher erkannten, dass ein bestimmtes Eiweissmolekül das Immunsystem nicht wie angenommen aktivierte, sondern blockierte. T-Zellen haben unterschiedliche solcher Moleküle. Das erste dieser Moleküle tauften die Forscher auf den Namen CTLA-4 – es kommunizierte den T-Zellen, keine gesunden Zellen anzugreifen. Leider können aber auch Krebszellen an diese Moleküle andocken und so den T-Zellen vormachen, sie seien gesund. Die T-Zellen waren also quasi blind, erkannten die bösartigen Zellen nicht. Was tun? Ganz «einfach»: Ein künstlich erzeugter Antikörper verhindert das Andocken kranker Zellen und macht so die T-Zelle wieder «sehend». Die Therapie klappte im Tierversuch sehr gut. Es brauchte aber noch mehr als zehn Jahre, bis 2011 der erste künstliche Antikörper für den Menschen zugelassen wurde.

Der US-Amerikaner James P. Allison und sein japanischer Kollege Tasuku Honjo erhielten für ihre Leistungen auf diesem Gebiet 2018 den Nobelpreis für Medizin.

Es gibt aber auch Antikörper, die in den Stoffwechsel von Krebszellen eingreifen. «In diesen Fällen werden nicht die Tumorzellen direkt angegriffen; vielmehr wird die Bildung von neuen Blutgefässen bekämpft, die der Krebs braucht, um wachsen zu können. Bei diesen Medikamenten ist das Einsatzgebiet etwas grösser. Angewendet werden sie bei Eierstockkrebs, Lungenkrebs und Darmkrebs.»

«Die Nebenwirkungen sind gut behandelbar und weniger tiefgreifend als bei einer Chemotherapie.»
Clemens Caspar

Blindes Abwehrsystem wird sehend

Nun gibt es allerdings auch Krebszellen, die das Immunsystem austricksen können. Das heisst: Unser Immunsystem arbeitet korrekt, aber es erkennt gewisse feindliche Zellen nicht, es ist quasi blind. Mit dem Medikament erkennt das Immunsystem die bösartigen Zellen wieder und kann sie so bekämpfen. «Gerade beim Melanom zeigt diese Behandlung sehr vielversprechende Ergebnisse, aber auch bei gewissen Lungenkrebsarten oder Nierenzellkrebs und Lymphdrüsenkrebs. Diese Methoden existieren erst seit wenigen Jahren, und wir schätzen das Potenzial für die Zukunft als enorm ein», sagt Clemens Caspar. Wie schnell die Therapie wirkt, hängt von der Krebsart und der möglichen Immuntherapie-Methode ab.

Nebenwirkungen der Therapie

Diese junge Hightech-Medizin hat auch Nachteile. Auf der gesundheitspolitischen Ebene sind die exorbitant hohen Kosten ein Thema, während gleichzeitig die Wirksamkeit im Vorfeld einer Behandlung nicht gewährleistet ist. Bereits stehen die Krankenkassen unter Druck, die Kosten in jedem Fall zu übernehmen, um eine Zweiklassenmedizin zu verhindern. Auf der medizinischen Ebene kann sich das Immunsystem nach der Behandlung unter Umständen auch gegen gesunde Zellen richten. Das kann Autoimmunkrankheiten auslösen. «Diese Nebenwirkungen sind heute aber gut behandelbar und weniger tiefgreifend als bei einer Chemotherapie», sagt Onkologe Caspar.

Umfassende Krebstherapie

Im Tumorzentrum des KSB arbeiten Fachspezialistinnen und -spezialisten der Krebsbehandlung zusammen, um ein optimales Angebot in Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge anbieten zu können. Erfahren Sie mehr über das Tumorzentrum.

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