Gluten: Der grosse Mythencheck
Ist glutenfreie Ernährung grundsätzlich gesünder? Wie zuverlässig ist die Selbstdiagnose bei Glutenunverträglichkeit und Zöliakie? Was haben Symptome wie Wachstumsverzögerung und Eisenmangel mit Gluten zu tun? Wir räumen auf mit Mythen und Halbwahrheiten.
Viele Spitzensportler schwören auf eine Ernährung ohne Gluten. Die Anzahl von Menschen mit Intoleranzen und Allergien steigt. In den Geschäften nimmt die Auswahl an Produkten mit dem Hinweis «glutenfrei» stetig zu. Produkte ohne Gluten sind meist viel teurer. Sollte man dennoch zu ihnen greifen, um seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun? Wann ist es medizinisch nötig, sich bewusst zu ernähren und auf Gluten zu verzichten? Wir checken die häufigsten Mythen zum Thema Zöliakie.
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Zöliakietests aus dem Detailhandel ermöglichen mir die Selbstdiagnose.
Eine Zöliakie ist die Folge einer falschen Ernährung.
Produkte ohne Gluten sind gesünder.
Wer auf Gluten verzichtet, sollte auf Dinkel, Urdinkel und Urweizen setzen.
Ein wenig Gluten schadet nicht.
Gluten kann in Lakritz, Weingummi und Pommes frites enthalten sein.
Stillen schützt Babys vor Glutenunverträglichkeit.
Eines der typischen Symptome für eine Zöliakie bei Kindern ist Wachstumsverzögerung.
Eine Zöliakie bei Kindern kann im Erwachsenenalter verschwinden.
Es gibt einen Zusammenhang zwischen Gluten und Angststörungen.
Bei Verdacht auf eine Glutenunverträglichkeit sollte man für eine Weile auf eine glutenfreie Ernährung umsteigen.
Falsch. Eine Zöliakiediagnose ist nur unter glutenhaltiger Ernährung aussagekräftig. So kann der Arzt andere Erkrankungen ausschliessen, die mit Magen-Darm-Beschwerden einhergehen. Andernfalls droht eine falsch-negative Diagnose.
Zöliakietests aus dem Detailhandel machen es möglich, Glutenunverträglichkeit selbst zu diagnostizieren.
Falsch. Zu einer sicheren Zöliakiediagnose gehören die ärztliche Anamnese und ein Bluttest auf spezifische Antikörper, der im Labor detailliert ausgewertet wird. Bei Erwachsenen ist eine Gewebeentnahme (Biopsie) aus dem Dünndarm angezeigt. Dies geschieht in der Regel mit einer Gastroskopie (Magenspiegelung). Mit einem schnellen Test zur Glutenunverträglichkeit ist das Risiko eines falsch-negativen Tests deutlich erhöht. Menschen mit Zöliakie müssen dauerhaft ihre Ernährung umstellen und eine strikte glutenfreie Diät einhalten. Deshalb sollte die Diagnose medizinisch abgesichert sein und nicht mit einem Schnelltest.
Glutenunverträglichkeit, Glutensensitivität oder Zöliakie?
Der Sammelbegriff Gluten umfasst die sogenannten Klebereiweisse, die in Weizen, Roggen und anderen Getreidesorten vorkommen. Gluten ist ein Proteingemisch und sorgt für die guten Backeigenschaften der Getreidearten. Der Begriff Glutenunverträglichkeit fasst alle Beschwerden zusammen, die durch Gluten ausgelöst werden. Dabei gibt es aber Unterschiede:
Nehmen Menschen mit Zöliakie Gluten zu sich, löst dies eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut aus. Dadurch sterben die Darmzotten ab. Der Körper wird nicht mehr ausreichend mit lebenswichtigen Vitaminen und Nährstoffen versorgt. Dies führt zu Symptomen wie Blutarmut, Erschöpfung, Verdauungsproblemen oder depressiven Verstimmungen. Bei Kleinkindern zeigen sich unter anderem Blähbauch, Entwicklungsverzögerungen, Appetitlosigkeit oder Weinerlichkeit.
Glutenunverträglichkeit gibt es auch ohne Zöliakie. Bei der sogenannten Glutensensitivität reagieren Betroffene Stunden bis Tage nach der Aufnahme von glutenhaltigen Speisen mit Zöliakie-ähnlichen Magen-Darm-Symptomen. Darüber hinaus können auch Verhaltensänderungen, Knochen- und Gelenkschäden, Muskelkrämpfe oder Kopfschmerzen auftreten. Zur Diagnose gibt es keine spezifischen Tests. Vielmehr müssen eine Weizenallergie und Zöliakie ausgeschlossen werden.
Eine Zöliakie ist die Folge einer falschen Ernährung.
Falsch. Eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Zöliakie spielt die genetische Vorbelastung. Sie wird also ererbt. Weiter spielen Umwelteinflüsse eine Rolle. Noch ist aber nicht restlos geklärt, wie die Krankheit entsteht.
Produkte ohne Gluten sind gesünder.
Falsch. Glutenfreie Produkte sind nur für wenige Menschen sinnvoll. Nämlich für jene, die aus medizinischen Gründen Gluten meiden müssen. In Fertigprodukten ohne Gluten stecken oft höhere Mengen an Zucker und Fett als in vergleichbaren herkömmlichen Produkten. Die Hersteller versuchen so, den Geschmack des Originalprodukts zu imitieren. Zudem enthalten die gängigen glutenfreien Mehle und Fertigprodukte aus Mais und Reis weniger Ballaststoffe als Weizen- und Roggenprodukte. Eine gesunde glutenfreie Diät gelingt mit einem hohen Anteil an Amaranth, Quinoa und Hirse. Diese sogenannten Pseudogetreide liefern wertvolle Mineral- und Ballaststoffe.
Wer kein Gluten verträgt, sollte auf Dinkel, Urdinkel und Urweizen setzen.
Falsch. Zwar grassiert selbst in einigen Bäckereien der Irrglaube, dass Dinkel, Urdinkel und Urweizen kein Gluten enthalten. Doch Dinkel enthält sogar einen höheren Glutenanteil als Weizen. Deshalb sollten Menschen mit Glutenunverträglichkeit einen weiten Bogen um diese Getreidesorten machen.
Ein wenig Gluten schadet nicht.
Falsch. Eine falsche Ernährung bei Glutenunverträglichkeit verursacht Langzeitfolgen. Bereits ein Brotkrümel oder eine kleine Menge Nudeln können die Dünndarmschleimhaut schädigen. Es ist wichtig, die glutenfreie Ernährung einzuhalten, damit die Antikörper nicht steigen und dadurch eine Immunreaktion entsteht. Langfristig erhöht sich bei einer permanenten Entzündung das Risiko für Krankheiten wie Darmkrebs.
Gluten kann in Lakritz, Weingummi und Pommes frites enthalten sein.
Richtig. Gluten versteckt sich in vielen Nahrungsmitteln. Denn nicht nur in Brot und Pasta, sondern auch in vielen verarbeiteten Produkten können Weizenstärke oder andere glutenhaltige Zutaten enthalten sein. Deshalb gilt bei Glutenunverträglichkeit: immer die Zutatenliste lesen.
Stillen schützt Babys vor Glutenunverträglichkeit.
Falsch. Ob ein Baby Zöliakie entwickelt, hängt hauptsächlich von den Genen ab. Erste Symptome können bei einem Kind auftreten, sobald es zum ersten Mal getreidehaltige Nahrung zu sich nimmt – also häufig im sechsten oder siebten Monat. Typische Anzeichen einer Glutenunverträglichkeit sind Durchfall, übelriechender Stuhlgang oder Verstopfung sowie Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen.
Eines der typischen Symptome für eine Zöliakie bei Kindern ist Wachstumsverzögerung.
Richtig. Vor 40 Jahren waren die klassischen Krankheitssymptome bei Kindern mit Zöliakie vor allem ein ausladender Bauch, Durchfall und Missmut. Heute fallen Kinder mit Zöliakie hingegen oft auf, weil sie nicht altersentsprechend wachsen, zu wenig zunehmen oder wegen Eisenmangels unter leichter Blutarmut leiden.
Eine Zöliakie bei Kindern kann im Erwachsenenalter verschwinden.
Falsch. Nach jahrelanger glutenfreier Ernährung berichten junge Erwachsene zwar gelegentlich, dass sie sich beschwerdefrei wieder glutenhaltig ernähren können. Leider entwickeln alle Betroffenen früher oder später wieder Symptome einer Zöliakie. Sie ist ein lebenslanger Zustand. Die einzige Therapie besteht aktuell in der glutenfreien Diät. Weitere Infos hierzu erhalten Sie auch bei der IG Zöliakie.
Es gibt einen Zusammenhang zwischen Gluten und Angststörungen.
Richtig. Gluten können bei Personen mit Glutensensitivität oder Zöliakie nebst Verdauungsstörungen und Kopfschmerzen auch psychische Symptome verursachen. Es gibt demzufolge einen Zusammenhang zwischen Gluten und Angststörungen, Phobien, Panikattacken oder Depressionen. Ein Glutenverzicht verringert die psychischen Folgen.
Gastroenterologie am KSB
Haben Sie Magenbeschwerden oder befürchten Sie, unter einer Gluten- unverträglichkeit zu leiden? Die KSB-Experten der Gastroenterologie helfen Ihnen gern weiter.
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