Diabetes Typ 1: Spielfiguren stehen auf einem mit Zucker gefüllten Holzlöffel

Diabetes bei Kindern: Darauf müssen Sie als Eltern achten

Diabetes breitet sich bei Schweizer Kindern und Jugendlichen rasant aus. Das zeigen aktuelle Studien. Vor allem die Zahl, der an Diabetes Typ 1 erkrankten Heranwachsenden schnellt nach oben. Doch woran erkennen Eltern, dass ihr Kind diese Krankheit haben könnte? Chefarzt Guido Laube erklärt, worauf Eltern bei ihrem Kind achten sollten. Denn es gibt klare Symptome, die auf die Zuckerkrankheit hindeuten.

Diabetes hat viele Gesichter. Es ist ein Mythos, dass nur Alte und Übergewichtige von der Zuckerkrankheit betroffen sind. Auch bei Kindern tritt die chronische Krankheit auf. Dabei schafft es der Körper nicht mehr, den Zucker vom Blut in die Zellen zu transportieren. Unbehandelt führt das zu einem lebensbedrohlichen Zustand.

Kinder sind fast ausschliesslich von Diabetes Typ 1 betroffen (siehe unten).

  • Diabetes mellitus Typ 1: Betroffen sind ausschliesslich Kinder und Jugendliche bis zum 20. Lebensjahr. Diese Art von Diabetes ist eine unheilbare Autoimmunkrankheit. Dabei zerstört das eigene Immunsystem Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die das Hormon Insulin produzieren. Weil der Körper den Zucker im Blut ohne Insulin nicht in die Zellen befördern kann, steigt der Blutzucker stark an.
  • Diabetes mellitus Typ 2: Betroffene sind meistens älter als 40. Ihre Bauchspeicheldrüse produziert zwar noch Insulin, aber die Zellen im Körper verlieren ihre Empfindlichkeit für das Hormon, und/oder die Ausschüttung von Insulin ist gestört. Deshalb erhöht sich der Blutzuckerspiegel. Grund dafür ist häufig starkes Übergewicht. Eine Gewichtsreduktion bringt meistens schon Besserung. Ansonsten helfen Medikamente.

Die häufigsten Ursachen für Diabetes Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen sind Veranlagung und autoimmunologische Vorgänge, also das Vorkommen bestimmter Antikörper. Guido Laube, Chefarzt Kinder- und Jugendmedizin, sagt: «Welcher dieser Gründe zutrifft und was letztlich dann die Krankheit wirklich hervorruft, ist nicht immer ganz klar.»

Wer viel Süsses isst, erkrankt an Diabetes – stimmt das?

Ganz falsch ist es nicht, aber eben auch nicht ganz richtig. Denn: Während man die Ursachen für Typ-1-Diabetes nicht beeinflussen kann, ist es beim Typ 2 häufig das Übergewicht. Der Zucker selbst macht zwar keinen Diabetes, begünstigt aber die überschüssigen Kilos auf den Rippen. Deshalb sind Schleckmäuler nur gefährdeter, wenn sie übergewichtig sind, sich ungesund ernähren und zu wenig bewegen.

Anzeichen sind eindeutig

Die Symptome hingegen sind meistens eindeutig. Laube spricht von den «drei P»: Polyurie, Polydipsie und Polyphagie. Das bedeutet: extrem häufiges Wasserlassen, starker Durst und Heisshunger. «Wichtig: Nur viel trinken ist noch kein Hinweis. Im Sommer trinkt man ja auch mehr – schwitzt aber auch stärker und muss deshalb nicht häufiger zur Toilette. Bei Anzeichen für Diabetes ist das anders: Betroffene verspüren einen wahnsinnigen Durst, müssen aber auch ständig Wasser lösen.»

Symptome bei Diabetes

Starker Durst

Bei Diabetes kann der Körper den aufgenommenen Zucker nicht in die Zellen transportieren. Deshalb sammelt sich der Zucker im Blut. Um den Blutzucker zu senken, will der Körper den Zucker verdünnen und ausscheiden. Die Folge: grosser Durst.

Häufiges Wasserlassen

Dem Organismus mangelt es nicht an Flüssigkeit. Er fordert aber Wasser, um den Zucker loszuwerden. Bloss klappt das nicht. Deshalb ist häufiges Wasserlassen ein Symptom von Diabetes. Der Urin ist zudem durchsichtig, weil er durch das häufige Trinken sehr stark verdünnt ist.

Gewichtsverlust

Der Körper kann wegen des Mangels an Insulin die Zellen nicht ausreichend mit Zucker versorgen. Er greift deshalb auf die Fettreserven zurück, und die Betroffenen nehmen in kurzer Zeit stark ab.

Müdigkeit und Schwäche

Der Körper kann den Zucker im Blut nicht mehr aufnehmen. Deshalb fehlt es ihm an Energie. Betroffene sind müde, schlapp und schwach.

Nach Azeton riechender Atem

Der säuerlich-beissende Geruch von Azeton erinnert an Nagellackentferner. Azeton entsteht bei Diabetikern, wenn der Körper für die Energiegewinnung die Fettreserven abbaut.

Therapie von Diabetes Typ 1 beginnt umgehend

Mittels eines Bluttests untersuchen Ärzte die Kinder bei den entsprechenden Symptomen. Dafür sind mehrere Messungen des Blutzuckers nötig, um natürliche Schwankungen auszuschliessen. Bestätigt sich der Verdacht und die Messungen zeigen, dass der Körper den Blutzucker nicht genügend aufnehmen kann, beginnt umgehend die Therapie mit Insulin. Dabei kommt meistens das sogenannte Basis-Bolus-System zum Einsatz. Laube erklärt: «Mit einer Basis-Dosis von Insulin legen wir quasi einen Teppich. Dieser versorgt das Kind auch nachts. Der Bolus hingegen deckt die Spitzen des Blutzuckers, kommt also beim Essen zum Einsatz.» Dieses System wird ans Essverhalten des Kindes angepasst, nicht umgekehrt.

Die Entdeckung des Insulins

Den beiden Kanadiern Frederick Banting und Charles Best gelang der Durchbruch in der Erforschung von Insulin. Es war zwar bekannt, dass das Hormon der Bauchspeicheldrüse eine tragende Rolle bei Diabetes spielt. Aber es war noch niemandem gelungen, Insulin zu isolieren. Dazu experimentierten die beiden 1921 an den Bauchspeicheldrüsen toter Hunde und ungeborener Kälber. In demselben Jahr gelang es ihnen, den Blutzuckerspiegel eines Tieres, dem sie zuvor die Bauchspeicheldrüse entfernt hatten, zu senken. Dazu spritzten sie ihm das Insulin eines anderen Tieres. Ab 1922 setzten Ärzte das Hormon erfolgreich bei Diabetes-Patienten zum Regulieren des Blutzuckerspiegels ein. Zunächst gewann man Insulin aus Bauchspeicheldrüsen von Rindern und Schweinen. Seit den 1980er-Jahren stellen Pharmaunternehmen das Hormon mithilfe gentechnisch veränderter Darmbakterien her.

Umgang mit der Spritze lernen

«Sobald es vom Alter her möglich ist, lernt das betroffene Kind, sich selbstständig die richtige Menge Insulin zu spritzen.» Dafür muss es auch lernen, zuerst den Blutzucker zu messen: mit einer Art Stift in den Finger stechen, einen Tropfen Blut auf einen Teststreifen geben, vom Testgerät den Wert ablesen und entsprechend Insulin spritzen. Um diese Handhabung zu erlernen, bleibt das Kind nach Diagnosestellung während rund zweier Wochen gemeinsam mit einem Elternteil im Spital. In dieser Zeit erhalten Patient und Eltern auch Unterstützung von der Ernährungsberatung und von Pflegeexpertinnen. Laube: «Es ist wichtig, dass zu Beginn das betroffene Kind selbst und die Eltern wie auch allenfalls die Geschwister lernen, mit der chronischen Krankheit Diabetes Typ 1 umzugehen. Die Zuckerkrankheit bringt zwar nur wenige Einschränkungen mit sich, fordert aber eine lebenslange Therapie.»

Guido Laube, Pädiater und Spezialist für Nierenkrankheiten bei Kindern am KSB
«Es ist wichtig, dass das betroffene Kind selbst und die Eltern wie auch allenfalls die Geschwister lernen, mit der chronischen Krankheit Diabetes Typ 1 umzugehen.»
Guido Laube, Chefarzt Kinder- und Jugendmedizin

Laube betont, dass es wichtig sei, Kindern das Stechen und Spritzen beizubringen. «Die Kinder müssen ein Verständnis für ihre Krankheit bekommen. Das erleichtert häufig auch den Umgang damit.» Später sei dann auch eine Insulinpumpe zur Therapie möglich. Dabei fixiert man mit einem Pflaster eine feine Nadel in der Haut. Ein angeschlossenes Gerät, etwa so gross wie ein Smartphone, misst über diese automatisch den Blutzuckerspiegel und löst wenn nötig eine Insulinabgabe aus.

Diabetes Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen

Zeigt Ihr Kind obengenannte Symptome? Oder möchten Sie ein anderes Leiden von den Kinderärztinnen und -ärzten abklären lassen? In der pädiatrischen Sprechstunde kümmern sich Spezialisten um Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen, Notfälle, machen aber auch Abklärungen und geben Zweitmeinungen ab.

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