Cordula Peterhans steht in ihrem Garten. Sie lässt ihren Lungenkrebs mit einer molekularen Krebstherapie behandeln.

Krebspatientin: «Ich kann mich wieder über die kleinen Dinge aufregen»

Cordula Peterhans erhielt kurz nach der Geburt ihrer zweiten Tochter eine erschreckende Diagnose: metastasierter Lungenkrebs. Dank einer alternativen Krebstherapie am KSB kann sie heute ein fast normales Leben führen.

«Die einzige Nebenwirkung ist, dass ich empfindlich auf Sonnenlicht reagiere. Deshalb muss ich mich schnell mal mit Sonnenschutz mit hohem UV-Faktor eincremen.» Obwohl sich Cordula Peterhans in einer Krebstherapie befindet, plagen sie weder Übelkeit noch Durchfall oder Haarausfall. Denn ihr Lungenkrebs wird nicht mit einer Chemotherapie oder einer Bestrahlung behandelt, sondern mittels einer sogenannten molekularen Krebstherapie.

Diese Methode ist eine Alternative zu herkömmlichen Krebstherapien wie Chemo- oder Strahlentherapie. Denn diese sind typischerweise mit unangenehmen Nebenwirkungen verbunden: Chemotherapie-Patienten können ihre Haare verlieren, Durchfall bekommen oder sich allgemein schwach und unwohl fühlen. Und eine Bestrahlung greift auch gesundes Gewebe um den Tumor an. Anders die molekulare Krebstherapie; sie macht sich eine Eigenart des Tumors zunutze: die veränderte DNA der Krebszellen.

Wie funktionieren zielgerichtete Krebstherapien?

Die molekulare Krebstherapie, die auf die Gene der Krebszellen abzielt, gehört zur Übergruppe der zielgerichteten Therapien. Andere Methoden in dieser Gruppe fangen Botenstoffe ab, bevor sie eine Zelle erreichen. Oder sie blockieren Rezeptoren an der Zellwand, um zu verhindern, dass die Botenstoffe andocken. Wiederum andere kappen Signalwege innerhalb der Zellen. Somit können sie das Signal, sich zu teilen, nicht umsetzen.

Gut verträgliche Alternative zur Chemotherapie

Krebszellen weisen eine Mutation in ihrer DNA auf. Diese kann beispielsweise die Zellteilung beschleunigen, was den Tumor schneller wachsen lässt. Bei der molekularen Krebstherapie entnehmen die Ärzte zuerst eine Gewebeprobe des Tumors. Anschliessend untersuchen sie diese und schlüsseln die DNA auf. Wenn sie eine bestimmte Mutation finden, kann die Patientin oder der Patient eine darauf abgestimmte Medikation einnehmen. Meistens geschieht dies in Form von Tabletten. Deren Wirkstoffe greifen nur Zellen mit diesem einen genetischen Merkmal an und blockieren ihre Zellteilung – der Tumor kann nicht mehr wachsen.

«In den meisten Fällen vertragen die Patienten die Behandlung sehr gut», sagt Stefanie Pederiva, Leitende Ärztin Onkologie/Hämatologie am Kantonsspital Baden. «Denn während eine Chemo wie ein Schrotschuss den ganzen Körper angreift, zielen wir mit dieser Therapie nur auf ganz bestimmte Zellen. Deshalb sind die Nebenwirkungen viel schwächer.» Allerdings bewirkt diese alternative Krebstherapie keine Heilung, sondern blockiert nur das Wachstum des Tumors. Dementsprechend kombinieren sie die behandelnden Mediziner manchmal mit einer Operation oder anderen Behandlungen.

Stefanie Pederiva, Leitende Ärztin Onkologie/Hämatologie am Kantonsspital Baden
«Eine Chemo greift wie ein Schrotschuss alles an. Die molekulare Krebstherapie hingegen zielt nur auf bestimmte Zellen.»
Stefanie Pederiva

Mit dem Krebs leben

Cordula Peterhans’ Krebs wird nur mit der molekularen Krebstherapie behandelt. So schluckt sie seit eineinhalb Jahren zweimal täglich Tabletten. Diese halten den Lungentumor davon ab, sich weiter auszubreiten. Damit kann sie ihr Leben fast normal weiterführen. «Ich habe gelernt, mit dem Krebs zu leben», sagt sie. «Mittlerweile ist wieder eine gewisse Normalität in meinen Alltag zurückgekehrt: Ich lebe nicht mehr von Tag zu Tag, sondern plane auch langfristig.» Dadurch, dass sie dieses Problem nun im Griff habe, könne sie sich wieder über kleine Dinge aufregen, sagt sie und lacht. «Zum Beispiel, wenn meine zwei Töchter abends nicht einschlafen wollen.»

Eine gewisse Einschränkung bleibt trotzdem. Obwohl sie die Sonne und die Natur liebt, kann die 35-Jährige nicht mehr sorglos ohne Sonnenschutz nach draussen. Und sie müsse täglich Tabletten einnehmen, das zu vergessen liege nicht drin. «Doch den Umständen entsprechend ist das Jammern auf hohem Niveau.» Hinzu kommt, dass man während der molekularen Krebstherapie nicht schwanger werden sollte. Die Familienplanung haben Cordula Peterhans und ihr Mann glücklicherweise bereits abgeschlossen.

Krebstherapie eignet sich nicht für jeden Patienten

Wegen der schwachen Nebenwirkungen eignen sich mehr Patienten für eine molekulare Behandlung als für eine Chemotherapie oder eine Strahlentherapie. Der Haken: Nicht für jede Genmutation ist ein passendes Medikament verfügbar. «Gibt es für die spezifische Mutation ein entsprechendes Mittel, so setzen wir dieses auch meistens ein», sagt Stefanie Pederiva. «Aber es gibt kein ‹one size fits all›-Medikament.»

Ausserdem kämen auch bei der molekularen Krebstherapie Rückschläge vor, betont Pederiva. Tumore könnten beispielsweise gegen ein Mittel resistent werden, sodass man eine Alternative finden müsse.

Cordula Peterhans hat sich mit dem Lungenkrebs in ihrem Leben arrangiert. Ihr wichtigster Tipp: «Offen mit der Krankheit umzugehen, hilft ungemein. Verstecken und verheimlichen ist unglaublich anstrengend, deshalb rede ich ganz offen darüber, auch mit meinen Kindern.»

Onkologie am KSB

Lernen Sie die verschiedenen möglichen Therapieverfahren kennen, die das KSB gegen Krebs anwendet, oder melden Sie sich für eine Sprechstunde an.

Jetzt ansehen





Mehr zum Thema:

Top

Flop

Sie haben für diesen Artikel abgestimmt.

Sie haben gegen diesen Artikel gestimmt.

Newsletter Anmeldung