Eine Waage mit einem Kleber über der Anzeige

Body-Mass-Index: Die Tücken der Formel

Der BMI kann vieles, aber nicht alles: Er ordnet das Körpergewicht ein, kategorisiert es in Über-, Unter- oder Normalgewicht. Aber je nach Umständen macht er dies nicht gleich zuverlässig. Und manchmal liegt er komplett daneben.

Mit Körpergrösse und -gewicht errechnet der Body-Mass-Index (BMI), ob man über-, unter- oder normalgewichtig ist. Allerdings wird seine Aussagekraft immer wieder bemängelt – zu Recht. Fabian Deichsel, Oberarzt Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefässchirurgie: «Der BMI berücksichtigt nur die Körpergrösse und das Gewicht, den Körperbau beispielsweise klammert er aus.» Dennoch halten Mediziner an der Formel fest. «Sie ist international etabliert und einfach zu berechnen. Zudem gibt es keine Alternative, die alle wichtigen Faktoren berücksichtigt.» Andere Methoden wie das Taille-Grösse-Verhältnis können zwar das kardiovaskuläre Risiko des Übergewichts abschätzen. Den BMI ersetzen sie damit aber nicht. «Kein anderer Score konnte sich bisher gegen den Body-Mass-Index durchsetzen. Er zeigt trotz seiner Mängel in vielen Studien gute Ergebnisse», weiss Fabian Deichsel. Vorsicht sei aber vor allem bei Kindern und Jugendlichen im Wachstum angebracht. «Dann ziehen Ärzte zusätzlich die Perzentilen-Kurven bei.» Diese Kurven geben Körpergewicht und -grösse in Bezug auf die Werte von Altersgenossen an und sind deshalb aussagekräftiger.

Dr. med. Fabian Deichsel
«Kein anderer Score konnte sich bisher gegen den Body-Mass-Index durchsetzen.»
Fabian Deichsel

Kritik am BMI

Manche BMI-Rechner fragen beispielsweise nach dem Alter, das dann aber doch nicht in die Berechnung des Werts einfliesst. Genauso bleiben Körperbau, Muskelmasse oder Körperfettverteilung aussen vor – obwohl dies wichtige Faktoren sind. So ist es möglich, dass der Body-Mass-Index beispielsweise sehr muskulöse Menschen als übergewichtig einschätzt:

Die Kritikpunkte im Überblick

Körperbau

Breite Schultern bringen mehr Masse mit sich als schmale, zierlichere Körper. Dasselbe gilt natürlich für den gesamten Körperbau – auch breite Hüften können die Anzeige auf der Waage beeinflussen. Diesen Umstand berücksichtigt der BMI nicht.

Alter

Mit zunehmendem Alter steigt der Fettanteil, gleichzeitig nimmt die Muskelmasse ab. Zudem sinkt der Grundumsatz, das heisst: Der Körper benötigt weniger Energie, um alltägliche Funktionen aufrechtzuerhalten. Grund dafür ist vor allem die schwindende Muskelmasse. Dieser Prozess beginnt bereits ab dem 40. Lebensjahr, ab dem 60. sind die Auswirkungen meistens deutlich spürbar. 

Bei Kindern und Jugendlichen wendet man den BMI kaum an. Denn Körpergrösse und -gewicht verändern sich während des Heranwachsens immer wieder. Deshalb ziehen Kinderärzte zur Bewertung des Gewichts oft Perzentilen-Kurven mit ein, die auch das Alter berücksichtigen.

Muskelmasse

Die Muskelmasse ist stark davon abhängig, wie viel Sport jemand treibt. Schauspieler und Muskelberg Dwayne «The Rock» Johnson soll bei einer Grösse von 1,96 Metern knapp 120 Kilogramm wiegen. Das ergibt einen BMI von 31,1 – Übergewicht. Die meisten BMI-Rechner im Netz empfehlen bei einem solchen Ergebnis, sich mehr zu bewegen und auf die Ernährung zu achten. Wie dieses Beispiel zeigt, ist das aber natürlich absurd.

Die Muskelmasse hat einen sehr grossen Einfluss auf den BMI. Denn Muskelgewebe ist dichter als jenes von Fett und wiegt somit mehr. Deshalb wird jemand, der viel Sport treibt, einen hohen Muskelanteil hat und damit etwas Gutes für seine Gesundheit tut, möglicherweise als übergewichtig eingestuft.

Fettverteilung

Am bekanntesten sind wohl die Formen Apfel- und Birnentyp; beim Apfeltyp sammelt sich das Fett vor allem im Bauch, beim Birnentyp an Gesäss und Oberschenkeln. Vielleicht bringen zwar der «Apfel» und die «Birne» gleich viel Gewicht auf die Waage und haben deshalb denselben BMI. Gesundheitlich betrachtet ist aber der «Apfel» im Nachteil: Das Bauchfett, auch viszerales Fettgewebe genannt, produziert Hormone, die das Risiko für Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Beschwerden, Diabetes oder Gefässleiden steigern. «Hüftgold» ist deshalb meistens weniger ungesund als ein Bierbauch. Auch Normalgewichtige sollten ihre Körpermitte beobachten: Sammelt sich am Bauch auffallend viel Fett an, sollte man allenfalls einen Arzt aufsuchen. Eine Ernährungsumstellung kann helfen. Grösstenteils bestimmen aber die Gene und das Geschlecht, wo sich Fett ansammelt.

Welcher BMI-Wert ist normal?

Möchten Sie Ihren BMI-Wert ausrechnen? Online finden Sie zahlreiche Rechenhilfen, wie jene von Gesundheitsförderung Schweiz. Sie können Ihren Wert aber auch ganz einfach selbst ausrechnen: Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch die Grösse in Meter im Quadrat. Beispiel: Wiegt jemand bei einer Körpergrösse von 1,7 Metern 68 Kilogramm lautet die Rechnung: 68 : (1,7)2, ergibt das einen BMI von 23,5, also Normalgewicht.

Was bedeutet nun dieser Wert? Folgendes Bild hilft, sein Gewicht ungefähr einzuschätzen, von Untergewicht bis zu Adipositas.






Andere Messmethoden als Ergänzung

Die Messmethode Waist-to-Height Ratio (wörtlich: Taille-zu-Höhe-Verhältnis) schliesst das Alter ebenfalls aus, berücksichtigt aber den Körperbau und die Fettverteilung. Man misst den Taillenumfang zwischen der untersten Rippe und dem Hüftknochen und teilt diesen Wert in Zentimeter durch die Körpergrösse in Zentimeter.

Unter 40 Jahren liegt der ideale Wert bei maximal 0,5. Zwischen 40 und 50 Jahren liegt der ideale Wert bei 0,5 bis 0,6, ab 50 Jahre sollte er 0,6 nicht überschreiten. Zudem gibt es Tabellen, die mithilfe des Taille-Hüft-Verhältnisses das Gewicht einteilen.

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