Ein Arzt tastet den Bauch eines Kindes ab.

Appendizitis: Kleiner Wurm, grosse Probleme

Der Wurmfortsatz, das Anhängsel des Blinddarms, entzündet sich oft wegen seiner etwas unglücklichen Lage. Was sind die typischen Symptome? Wann sollten Eltern einen Arzt aufsuchen, und wie verläuft die Therapie? Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wenn Laien von einer Blinddarmentzündung sprechen, meinen sie eigentlich eine Entzündung des Wurmfortsatzes. Dieses Anhängsel des Blinddarms entzündet sich leicht, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 15 Jahren. Obwohl die Appendizitis ein häufiges Leiden ist, gestaltet sich die Diagnosestellung oft schwierig.

Vielfältige Gründe für eine Appendizitis

Andreas Dietl, Kinderchirurg am KSB, sagt: «Die Gründe für Bauchschmerzen sind vielfältig. Und auf einem Ultraschall ist der Appendix, der Wurmfortsatz, häufig nicht erkennbar oder schwierig zu finden. Ihn in seiner gesamten Länge darzustellen, ist noch schwieriger.» Häufig liege er zudem hinter dem Dickdarm versteckt, manchmal auch nach oben gerichtet zur Leber. «Bei Mädchen in der Pubertät kommt hinzu, dass rechtsseitige Unterbauchbeschwerden auch von Eierstockzysten verursacht werden können.»

Appendizitis: Illustration von Dünndarm, Dickdarm, Appendix und Blinddarm.

Blinddarm oder Wurmfortsatz: Das ist der Unterschied

Der Dünndarm mündet im rechten Unterbauch in den Dickdarm. Wegen der etwas erhöhten Einmündungsstelle entsteht am Dickdarm ein kurzes, blindes Ende unterhalb dieser Stelle. Das ist der Blinddarm. An diesem befindet sich ein etwa acht Zentimeter langes, wurmförmiges Anhängsel, der Wurmfortsatz. Ärzte sprechen vom Appendix. Der Appendix ist eine Sackgasse, hat also keinen Ausgang. Was man umgangssprachlich meistens als Blinddarmentzündung bezeichnet, ist tatsächlich eine Entzündung des Wurmfortsatzes, fachsprachlich eine Appendizitis.

Gleich vor der Haustür des Wurmfortsatzes geht der Dünndarm in den Dickdarm über, aus flüssigem Stuhl wird fester. Deshalb sammeln sich hier leicht Verdauungsreste an, die den Eingang des Fortsatzes verstopfen. Gestaute Sekrete im Appendix bilden zusammen mit dem Verdauungsmaterial den perfekten Nährboden für schädliche Bakterien, die eine Entzündung auslösen können. Auch das Abknicken des Wurmfortsatzes oder eine Darminfektion begünstigen eine Entzündung.

Welche Symptome deuten auf eine Appendizitis hin? Und wie gestaltet sich die Therapie?

Hier finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen.

Was sind die typischen Symptome einer Appendizitis?

Meistens spüren Kinder plötzlich auftretende, diffuse Schmerzen im Bauch, zu Beginn um den Bauchnabel. Einen Tag später sitzt der Schmerz dann meist im rechten Unterbauch. Unwohlsein und Appetitlosigkeit gehören ebenfalls zu den Anfangssymptomen, auch Erbrechen. Zudem kann Fieber dazukommen. «Betroffene Kinder reagieren sehr empfindlich auf die Untersuchung der Bauchdecke, sie gehen gekrümmt und haben einen ausgeprägten Rüttelschmerz oder Bauchschmerzen beim Hüpfen», erklärt Andreas Dietl. Je länger die Entzündung des Wurmfortsatzes dauert, desto wahrscheinlicher sind hohes Fieber und ein Hartspann der Bauchdecke. Dabei verkrampfen sich die Muskeln aufgrund der Schmerzen stark. Der gesamte Allgemeinzustand des Kindes verschlechtert sich deutlich.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Bei unspezifischen Bauchschmerzen sofort einen Arzt aufzusuchen, sei glücklicherweise in neun von zehn Fällen nicht nötig, sagt Dietl. «Oft sind es Verdauungsbeschwerden, wie sie gelegentlich auftreten, oder Virusinfektionen des Darms. Diese regelt der Körper von allein.» Wenn das Kind eine langsame Verdauung hat und zu Verstopfungen neigt, ist das beispielsweise ein möglicher Grund für die Beschwerden. «Abführmittel und viel Trinken lindern die Symptome möglicherweise bereits», sagt der Kinderchirurg. Falls die Schmerzen aber länger als einen Tag anhalten, ist ein Arzt gefragt. Wichtig: Das Kind sollte bis zum Termin keine Schmerzmittel schlucken. Medikamente sorgen zwar für Linderung, der Wurmfortsatz bleibt jedoch entzündet, und die fehlenden Schmerzen erschweren die Diagnosestellung.

Welche Therapien gibt es?

Therapiert wird eine Appendizitis mit einer Operation. Dabei entfernen Chirurgen den Wurmfortsatz mittels Laparoskopie, also minimalinvasiv. Das heisst: Es ist kein Schnitt im Unterbauch nötig. Die Operation verläuft über drei wenige Millimeter lange Schnitte – einer im Bauchnabel, zwei im Unterbauch. Die Kinder bleiben anschliessend während zwei bis drei Nächten zur Überwachung im Spital. «Die meisten sind dann so weit gesund, dass sie zumindest halbtags wieder in die Schule gehen können. Nach etwa drei Wochen sind sie dann wieder fit», sagt Andreas Dietl.

Warum ist eine Appendizitis eigentlich gefährlich?

Im schlimmsten Fall bricht der Wurmfortsatz durch, Ärzte sprechen von einer Perforation. Dann gelangen Stuhl und Bakterien in den Bauchraum. Das kann zu einer lebensgefährlichen Bauchfellentzündung führen. Andreas Dietl sagt: «Das ist sehr selten. Ein Durchbruch tritt, wenn überhaupt, erst nach mehreren Tagen starker Bauchschmerzen auf. Es passiert also nicht von heute auf morgen.» Falls es dennoch so weit kommt, ist eine sofortige Operation nötig.

Bringt uns der Wurmfortsatz überhaupt etwas?

Der Nutzen des Wurmfortsatzes war lange Zeit unklar. Heute weiss man: Er beherbergt wichtige Zellen für die körpereigene Abwehr. Zudem gilt er als Rückzugsort für nützliche Bakterien. Wenn die Darmbakterien wegen einer Infektion geschädigt sind, überleben die nützlichen Keime im Wurmfortsatz und breiten sich von dort wieder aus. «Deshalb entfernen wir den Appendix nicht leichtsinnig. Schliesslich kommen bei einem chirurgischen Eingriff auch immer die bekannten Operationsrisiken wie eine Wundinfektion hinzu», erklärt Andreas Dietl.

Entzündung des Wurmfortsatzes verhindern

Es ist nicht möglich, einer Appendizitis vorzubeugen. Aber eine Verstopfung lässt sich oft vermeiden, um eine mögliche Ursache für die Entzündung auszuschliessen. Eltern sollten deshalb darauf achten, dass Kinder ausreichend Nahrungsmittel mit Ballaststoffen essen. Dazu zählen Vollkornprodukte, Naturreis, Kartoffeln sowie Obst und Gemüse. Hingegen fördern Weissbrot, weisser Reis, zu viel Milch und Milchprodukte sowie Süssigkeiten eine Verstopfung.

Kinderchirurgie am KSB

Die Kinderchirurgie am KSB bietet fast das gesamte Spektrum an kinderchirurgischen Eingriffen. Eine Übersicht finden Sie unter dem Leistungsangebot.

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