Illustration eines Dialysegeräts

Nierenversagen und Dialyse: Was Sie darüber wissen müssen

Bei besonders weit fortgeschrittenen Nierenerkrankungen hilft oft nur noch die regelmässige Blutwäsche, die sogenannte Dialyse. Nephrologin Andrea Fisler erklärt, wie ein Nierenversagen zustande kommt und wie die Behandlung mit Hämodialyse oder Peritonealdialyse funktioniert.

«Die Niere ist ein spannendes Organ mit vielen Aufgaben», sagt Andrea Fisler, Oberärztin Nephrologie/Dialyse am KSB. Die Nieren sind im Körper paarig angelegt, bohnenförmig und etwa elf Zentimeter lang. Sie befinden sich beidseitig der Wirbelsäule. Die wohl bekannteste Nierenfunktion: den Körper entgiften. «Die Niere reinigt täglich etwa 1500 Liter Blut. Sie sorgt dafür, dass der Körper Abbauprodukte aus Nahrung, Stoffwechsel und Wasser ausscheidet.»

Andrea Fisler, Oberärztin Nephrologie/Dialyse am KSB
«Bei der Dialyse übernimmt die Maschine die Entgiftungsfunktion der Niere.»
Andrea Fisler, Oberärztin Nephrologie/Dialyse

Dazu pressen die Nieren täglich anderthalb bis zwei Liter Wasser mit diversen darin gelösten Giftstoffen aus dem Blut und produzieren so Urin. «Die Nieren sind aber auch für die Blutdruckregulierung und für die Regulation der Blutproduktion wichtig», sagt Andrea Fisler. «Zudem spielen sie eine entscheidende Rolle in der Produktion von Hormonen, bei der Knochengesundheit und zur Erhaltung des Gleichgewichts von Wasser und Salzen, also des Elektrolyt-Haushalts.» Was aber, wenn die Niere ihre Aufgabe nur eingeschränkt oder gar nicht erledigt?

Woran erkennt man Nierenerkrankungen?

Viele Nierenerkrankungen bleiben lange ohne merkliche Symptome. Bei fortschreitenden Nierenerkrankungen mit Funktionsverlust bleiben Abbauprodukte und Wasser im Körper. Häufig treten die Symptome schleichend auf. Sie reichen von Gewichtsverlust über Juckreiz und Appetitlosigkeit bis zu Übelkeit. Allerdings kommen die Symptome meist erst zum Vorschein, wenn bereits über 80 Prozent des Nierengewebes nicht mehr funktionieren. Ärzte können eine Nierenerkrankung schon früher feststellen, indem sie das Blut und den Urin untersuchen.

Die Nieren: Zahlen, Fakten, Funktionen

Grösse: ca. 11 cm lang, 6 cm breit und bis zu 5 cm dick.

Lage: am unteren Ende des Brustkorbs, rechts und links der Wirbelsäule.

Hauptfunktion: reinigen täglich bis zu 1800 Liter Blut und führen giftige Substanzen gelöst in Wasser in Form von Urin ab.

Weitere Funktionen: regulieren den Wasserhaushalt, den Blutdruck, die Blutproduktion, das Säure-Base-Verhältnis, die Blutsalze und den Knochenstoffwechsel.

Um die genauen Ursachen zu finden, sind Ultraschalluntersuchungen und zum Teil die Entnahme von Nierengewebe nötig. Oberärztin Andrea Fisler: «Viele Nierenversagen sind durch Vorerkrankungen bedingt.» Die häufigsten Auslöser sind Bluthochdruck, Übergewicht sowie Diabetes. «Wichtig ist, dass der Hausarzt Menschen, die unter entsprechenden Grunderkrankungen leiden, regelmässig die Nierenwerte kontrolliert und sie bei Auffälligkeiten dem Facharzt zuweist.» In anderen Fällen führen Autoimmunkrankheiten, genetische Defekte, Medikamente oder Tumore zu Nierenerkrankungen.

Ab wann ist eine Dialyse nötig?

Sind die Nieren zu weniger als 15 Prozent funktionsfähig, lautet der Befund: dialysepflichtige Niereninsuffizienz. Treten einmal Vergiftungssymptome oder Störungen der Elektrolyten auf, ist dies ohne Nierenersatztherapie lebensbedrohlich. Schweizweit sind rund 4500 Menschen auf eine regelmässige Blutwäsche angewiesen. Betroffen sind häufig ältere Leute und tendenziell eher Männer. «Bei der Dialyse übernimmt die Maschine die Entgiftungsfunktion der Niere», sagt Andrea Fisler. «Wobei man festhalten muss, dass diese Behandlung an sich keinen positiven Einfluss auf eine mögliche Erholung der Niere hat.» Wer sich also für eine Dialyse entscheidet, muss sein Blut täglich oder mehrfach wöchentlich reinigen – lebenslang. Auch eine Nierentransplantation kommt in gewissen Fällen in Frage. Sie erfordert aber genaue Abklärungen und kann deshalb nicht notfallmässig durchgeführt werden.

Für die Dialysebehandlung wählt der Patient zwischen der Bauchfell- oder Peritonealdialyse und der bekannteren Hämodialyse. Medizinisch sind die beiden Verfahren gleichwertig. «Die Peritonealdialyse ist selbstständig zu Hause durchführbar. Die Hämodialyse erfordert medizinisches Fachpersonal und dreimal wöchentlich einen vierstündigen Aufenthalt im Dialysezentrum.» Die Hämodialyse findet im KSB an einem der Dialyse-Standorte in Baden, Brugg oder Muri statt.

Wie die beiden Therapieformen genau funktionieren und welche Risiken und Nebenwirkungen es zu beachten gilt, lesen Sie in den FAQ.

Nieren, Insuffizienz und Dialyse - FAQ

Wie funktioniert die Hämodialyse (HD)?

Illustration, die den Ablauf einer Hämodialyse zeigt.

Bei der Hämodialyse übernimmt eine Maschine mit einem künstlichen Filter teilweise die Funktion der Niere. Während der HD wird dem Körper Blut entnommen und mit Blutflüssen von 300 bis 400 ml pro Minute durch den Reinigungsfilter gepumpt. Ein Dialysat, also eine spezielle Dialyseflüssigkeit, führt dabei Wasser und Giftstoffe ab. Das gereinigte Blut gelangt zurück in die Blutbahn, sammelt weitere Giftstoffe aus dem Gewebe und passiert dann abermals den Filter. Um eine genügende Reinigung zu erzielen, muss diese Behandlung dreimal die Woche während jeweils vier Stunden durchgeführt werden. Um das Blut mit der nötigen Geschwindigkeit durch die Maschine führen zu können, ist ein besonderer Gefässzugang notwendig. Entweder geschieht dies über einen Katheter im Vorhof des Herzens oder über einen chirurgisch angelegten Shunt, eine künstliche Verbindung zwischen Vene und Arterie. Speziell ausgebildetes Pflegepersonal und Fachärzte für Nephrologie überwachen das Prozedere.

Wie funktioniert die Peritonealdialyse (PD)?

Grafik, die zeigt, wie die Peritonealdialyse funktioniert

Bei der Peritonealdialyse übernimmt das Bauchfell die Filterfunktion. Das Bauchfell ummantelt als dünne und gut durchblutete Haut die gesamten inneren Organe des Bauchraums. Bei der PD wird der Bauchraum mit zwei Litern einer speziellen Dialyseflüssigkeit gefüllt. Diese Flüssigkeit entzieht dem Körper Giftstoffe und überschüssiges Wasser. Die warme Zucker-Salz-Lösung gelangt aus einem Beutel durch einen fix eingepflanzten Schlauch ins Bauchinnere. Nach einigen Stunden ist die Flüssigkeit mit Abfallprodukten gesättigt und kann via Schlauch abgeführt werden. Im Anschluss wird wieder frische Dialyseflüssigkeit eingelassen, und die Prozedur beginnt von vorn. Zwischen den Wechseln, die drei- bis viermal pro Tag gemacht werden und im Schnitt etwa 20 Minuten dauern, wird der Katheter abgehängt, während die Reinigungsfunktion ständig läuft. Der Vorteil: Diese Therapieform können Patientinnen und Patienten selbstständig daheim abwickeln. Die ärztlichen Konsultationen zur Kontrolle der optimalen Therapie finden alle vier bis sechs Wochen statt.

Welche Risiken und Nebenwirkungen treten dabei auf?

Ob HD oder PD: Eine Dialyse ist keine perfekte Therapieform. Patienten müssen zusätzlich diverse Medikamente nehmen, Diätvorschriften einhalten und ihre Trinkmenge einschränken. Trotzdem haben Dialysepatienten ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres Risiko und somit ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle oder sonstige Durchblutungsstörungen. Während der Hämodialyse besteht zudem das Risiko von Muskelkrämpfen oder eines Blutdruckabfalls, da dem Körper je nach Trinkmenge innert kurzer Zeit viel Flüssigkeit entzogen wird. Ansonsten sind beide Prozeduren nicht schmerzhaft. Es gibt aber Patientinnen und Patienten, die insbesondere die HD als körperlich sehr anstrengend empfinden und danach Erholung brauchen.

Was, wenn ich trotz Nierenversagen keine Nierenersatztherapie möchte?

Wer an einem Nierenversagen leidet und sich keinem Ersatzverfahren unterziehen möchte, wird auf Wunsch medikamentös behandelt. Die Medikamente ersetzen die Nierenfunktion nicht, lindern jedoch die Symptome, die durch die zunehmende Ansammlung von Giftstoffen auftreten können. Der Verzicht auf eine Nierenersatztherapie führt in diesem Falle zum Tod.

Wann kommt eine Nierentransplantation in Frage?

Bei einer Transplantation vermag das neue Organ die Nierenfunktion im Idealfall vollumfänglich zu ersetzen. Allerdings ist der Eingriff mit der täglichen und konsequenten Einnahme von Medikamenten gegen die Abstossung der Spenderniere verbunden. Diese Medikamente wiederum können ebenfalls Nebenwirkungen auslösen. Ob eine Transplantation in Frage kommt, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Diese Möglichkeit hängt unter anderem von den Vor- und Nebenerkrankungen ab und ist nicht für alle geeignet. Deshalb besprechen Ärzte einen solchen Eingriff mit den Patientinnen und Patienten individuell. Eine Rolle spielt häufig auch, ob sich jemand aus dem Umfeld für eine Nierenspende zur Verfügung stellt oder ob Betroffene auf die Niere einer verstorbenen Person warten müssen.

Kann man mit nur einer Niere leben? Kann ich eine Niere spenden?

Ja, wenn man nierengesund ist, kann man auch mit nur einer Niere leben – bei normaler Lebenserwartung. Entwickelt man jedoch im Laufe des Lebens selbst eine Erkrankung, welche die Nieren schädigt, kann dies problematisch sein. Deshalb werden Leute, die eine Niere spenden möchten, sehr genau auf Vorerkrankungen an den Nieren, aber auch auf Diabetes und Bluthochdruck abgeklärt und beraten. Gerade bei jungen Frauen, die eine Spende in Betracht ziehen, ist es wichtig, auch über das erhöhte Risiko im Falle einer Schwangerschaft zu sprechen.

Ist eine Dialyse auch im Ausland oder gar in den Ferien möglich?

Ja, in den meisten Ländern gibt es Dialysemöglichkeiten. Für Dialysepatienten ist auch während der Ferien eine regelmässige Behandlung zwingend notwendig. Eine Hämodialyse muss frühzeitig mit dem lokalen Dialysezentrum organisiert und koordiniert werden. Entscheidend ist dabei der Austausch zwischen den Fachkräften des KSB und des jeweiligen Dialysezentrums. Die Spezialisten am Ferienort benötigen die Patientendaten und Dialyseangaben, um die Blutwäsche genau auf den Patienten abgestimmt durchführen zu können. Auch eine Peritonealdialyse ist ortsunabhängig durchführbar. Die Hersteller der Dialyselösungen liefern diese und weiteres Material an viele Orte der Welt. Solche Lieferungen sind nötig, da ein Dialysepatient täglich bis zu acht Liter Dialyseflüssigkeit braucht.

Wie kann man Nierenerkrankungen vorbeugen?

Entscheidend für gesunde Nieren oder dass man möglichst lange ohne Nierenersatztherapie auskommt, ist der Lebenswandel. Dazu gehören eine ausgewogene Ernährung, regelmässige Bewegung, Verzicht aufs Rauchen und auf nierenschädigende Medikamente. Aber auch eine optimale Behandlung bei Auftreten von Bluthochdruck oder Diabetes ist wichtig. Wer bereits an einer Niereninsuffizienz leidet, sollte die verordneten Medikamente zuverlässig einnehmen und die Ernährungsempfehlung des Arztes beachten. Damit lässt sich eine drohende Nierenersatztherapie um Jahre bis Jahrzehnte hinauszögern.

Institut für Dialyse und Nephrologie am KSB

Hier dreht sich alles um die Niere: Das Institut für Dialyse und Nephrologie am Kantonsspital Baden ist Ihre Anlaufstelle bei Nierenproblemen, Nierenerkrankungen und Dialyse. Wir beraten und begleiten Sie auf dem Weg zur optimalen Nierenersatztherapie. Das KSB betreibt in Baden, Brugg und Muri rund 40 moderne Dialyseplätze.

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