Illustration eines Herzens mit EKG und anderen Untersuchungen, Ärzten und einem Stethoskop

«Ein krankes Herz kann nicht drei Monate warten»

Verschlimmern Bluthochdruck-Medikamente die Folgen einer COVID-19-Erkrankung? Wie können sich Menschen mit Herzschwäche jetzt am besten schützen? Und was bedeutet das Coronavirus für die Eingriffe am Herzen oder das anstehende Langzeit-EKG? Pascal Köpfli, Co-Leiter der Kardiologie am KSB, gibt Antworten.

Inwiefern ist eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus für Herzpatienten besonders gefährlich?

Daten aus China zeigen auf, dass gerade ältere Patienten mit Begleiterkrankungen wie Herzschwäche und zusätzlichen Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Diabetes vermehrt einen schweren Verlauf haben, wenn sie an COVID-19 erkranken. Dass dies auch der Fall ist bei einem isolierten, gut eingestellten Bluthochdruck oder bei Diabetes, dafür gibt es allerdings bisher keine klaren Hinweise.

Es sind vor allem ältere Menschen, die einen schweren Verlauf bei einer COVID-19-Infektion haben oder gar sterben. Wie hoch ist das Risiko für einen Herzpatienten um die 40 oder 50 Jahre?

Grundsätzlich zählt jede Person mit relevanter, symptomatischer Herzerkrankung unabhängig vom Alter zur Risikogruppe. Somit hat ein betroffener 40-Jähriger bereits ein erhöhtes Risiko, während es bei einem 80-Jährigen mit weiteren Begleiterkrankungen zusätzlich erhöht ist. Und dies nicht nur für COVID-19, sondern auch für andere Erkrankungen. Generell gilt, dass ein junger Patient mehr Reserven hat als ein älterer.

In den Medien liest man immer wieder, dass bestimmte Medikamente gegen Bluthochdruck und Herzinsuffizienz das Risiko einer schweren und tödlichen Erkrankung bei einer Ansteckung mit dem Coronavirus erhöhen.

Die Medien sprechen vor allem von ACE-Hemmern und Sartanen. Doch dafür, dass diese Medikamente den Krankheitsverlauf tatsächlich verschlimmern, gibt es nach derzeitigem Wissensstand keine Beweise. Fest steht hingegen, dass die Wirksamkeit dieser Medikamente insbesondere bei Herzinsuffizienz oder nach einem Herzinfarkt in zahlreichen Studien bestätigt worden ist. Das heisst, Patienten, die auf Anraten ihres Arztes regelmässig diese Medikamente nehmen, sterben seltener an ihrer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Oder sie erfahren zumindest eine Verbesserung ihrer Beschwerden.

«Aus Angst vor dem Virus zu Hause zu bleiben – obwohl es einem schlecht geht – wäre falsch.»
Pascal Köpfli

Patienten sollten ihre Blutdrucksenker also nicht absetzen?

Auf keinen Fall sollten Patienten nach derzeitigem Wissenstand jetzt eigenständig ihre verordnete Medikation absetzen. Die schweizerischen wie auch die europäischen Fachgesellschaften weisen ausdrücklich darauf hin, dass Patienten ihre Medikamente ohne Unterbruch und ohne Änderung weiterhin einnehmen sollten.

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf geplante Eingriffe und Kontrolltermine aus?

Dringende Eingriffe wie die Implantation eines Schrittmachers müssen selbstverständlich weiterhin durchgeführt werden. Ein Herz, das zu langsam schlägt oder Pausen macht, kann nicht drei Monate lang auf einen Herzschrittmacher warten. Auch wenn ein Patient über Druck auf der Brust, Atemnot oder einen Leistungsknick klagt, also wenn es ihm wirklich nicht gut geht, müssen wir dies zeitnah abklären. Diese Personen sollten sich weiterhin umgehend beim Arzt melden. Denn wenn sie sich früher melden, können wir sie adäquat behandeln, und sie sind mit einer gut eingestellten Erkrankung sicherlich auch widerstandsfähiger.

Einige Patienten meiden momentan aus Angst vor Ansteckung möglicherweise Spitäler.

Aus Angst vor dem Virus zu Hause zu bleiben, obwohl es einem schlecht geht, wäre sicherlich falsch. Das Risiko, an einem akuten Herzinfarkt zu sterben, ist höher als an einer Infektion mit dem neuen Coronavirus. Anders sieht es mit Vorsorge- oder Nachsorgeterminen aus. Patienten, die einen Termin zur Routinekontrolle haben, rufen wir an. Und wenn sie am Telefon bestätigen, dass es ihnen soweit gut geht und sie stabil sind, verschieben wir den Termin.

Wie schützen Sie Patienten, die sich am KSB behandeln lassen?  

Wir beobachten genau, was in den umliegenden Kantonen und Ländern passiert, und ziehen daraus unsere Lehren. Dadurch sind wir so gut vorbereitet, wie man es nur kann. Wichtig ist natürlich, dass sich die Patienten auf dem Weg zum Spital an die Regeln des BAG halten. Also zwei Meter Abstand zu halten, die Handhygiene einzuhalten und sich von Personen aus dem eigenen Haushalt herbringen zu lassen. Bei Hinweisen auf Atemnot oder andere COVID-19-Symptome sollten sie sich telefonisch beim Hausarzt oder bei uns melden. Wir geben unser Möglichstes, Patienten mit Verdacht auf oder nachgewiesenem COVID-19 zu isolieren und die Patientenwege, so gut es geht, zu trennen. Auch das Personal achtet genau auf die Einhaltung der Regeln in Bezug auf Abstand voneinander, das Tragen von Masken und die Handhygiene.

Ärzte betonen stets die Bedeutung von Sport und Bewegung für die Herzgesundheit. Dies ist bei geschlossenen Schwimmbädern, Fitnessstudios und Tennisplätzen nun gar nicht mehr so einfach umzusetzen.

Grundsätzlich ist Bewegung wichtig, nicht nur für die physische, sondern auch für die psychische Gesundheit. Auch in der aktuellen Situation kann und sollte man sich weiterhin bewegen. Zum Beispiel, indem man allein oder mit einer Person aus dem eigenen Haushalt abseits vieler Menschen in der Natur laufen geht. Möglichst auch so, dass man ein bisschen ins Schwitzen kommt. Falls jemand zu Hause einen Hometrainer oder ein Rudergerät hat, ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, diese Geräte zu nutzen. Neben Bewegung spielt natürlich ebenfalls eine ausgewogene Ernährung eine wichtige Rolle für die Herzgesundheit.

Die Kardiologie am KSB

Haben Sie Herzprobleme oder weitere Fragen? Wenden Sie sich an Pascal Köpfli und das Team der Kardiologie: kardiologie@ksb.ch.






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