So behandeln Ärzte Eierstockkrebs
Krebs an den Eierstöcken breitet sich häufig unbemerkt im Bauchraum aus. Martin Heubner, Chefarzt Gynäkologie am KSB, erklärt, wie man das Ovarialkarzinom dennoch bemerkt. Zudem gibt er Einblick in die Therapie, speziell von jungen Patientinnen mit Kinderwunsch.
Nicht die Häufigkeit der Fälle macht den Eierstockkrebs zu einer grossen Gefahr, sondern seine langsame und unbemerkte Ausbreitung. Das sogenannte Ovarialkarzinom wuchert während Monaten, diffuse Anzeichen schleichen sich ein. Martin Heubner, Chefarzt Gynäkologie am KSB, sagt: «Es gibt keine frühen Alarmsignale. Erste Symptome sind oft ein Druckgefühl im Bauchraum, unregelmässiger Stuhlgang und schliesslich eine Zunahme des Bauchumfangs.»
Gutartige Zellveränderungen der Eierstöcke
Die meisten Tumore in den Eierstöcken sind gutartig – nur etwa ein Fünftel ist bösartig. Zu den gutartigen Veränderungen zählen:
- Zysten: mit Flüssigkeit gefüllte Kapseln
- Endometriosezysten: Endometriosezellen ausserhalb der Gebärmutter
- Dermoidzysten: Geschwulst, gefüllt mit Gewebe
- Fibrome: Geschwulst des Bindegewebes
Kleine Zysten und Geschwulste benötigen häufig keine Behandlung. Meistens genügt eine regelmässige Kontrolle. Vergrössern sie sich aber, kann auch bei gutartigen Zellveränderungen eine Operation nötig werden.
Viele Betroffene gewöhnen sich jedoch an die Beschwerden. Sie beissen auf die Zähne und warten zu lange, bis sie die Symptome abklären lassen. Weil die Eierstöcke eingebettet in der Mitte des Körpers liegen, befällt der Krebs nach und nach oft auch andere Organe wie Blase, Darm oder Milz. Diese sogenannten Tochtergeschwülste treten in drei Vierteln aller Fälle auf. Im Frühstadium wird Eierstockkrebs häufig nur zufällig bei der jährlichen Kontrolle beim Frauenarzt entdeckt – und meistens, ohne dass die Patientin überhaupt Beschwerden hat.
Menopause und Alter als Risiko
Gefährdet sind vor allem ältere Frauen nach der Menopause. Zu den Risikofaktoren zählen eine frühe erste Menstruation, eine späte Menopause und Kinderlosigkeit. Die Einnahme einer Verhütungspille hingegen senkt das Risiko für diese Erkrankung. Nicht zuletzt spielt auch die familiäre Häufung eine wichtige Rolle. Wenn nahe Verwandte gehäuft von Brust- und/oder Eierstockkrebs betroffen sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, selbst daran zu erkranken.
Operation und Chemotherapie bei Eierstockkrebs
Die erste Massnahme bei einem Ovarialkarzinom ist meistens die vollständige operative Entfernung des Tumors. Martin Heubner sagt: «Das klingt logisch und einfach, ist in der Praxis jedoch eine grosse Herausforderung – vor allem wegen der Tochtergeschwülste, die sich meist im ganzen Bauchraum verteilen.» Die Operationen seien deshalb sehr komplex und ein Team mit erfahrenen Spezialisten aus unterschiedlichen Fachdisziplinen dafür nötig.
In der Regel müssen beide Eierstöcke sowie die Gebärmutter, Teile des Bauchfells und häufig andere befallene Strukturen oder Organe entfernt werden. Anschliessend ist eine Chemotherapie nötig, um mikroskopisch kleine, verbliebene Krebszellen zu zerstören. Zusätzlich zur Chemotherapie werden in manchen Fällen auch Immuntherapien oder sogenannt zielgerichtete Therapien angewendet. Medikamentöse Therapien, welche die Immunreaktion des Körpers aktivieren oder verstärken, nennt man Immuntherapie. Sie bekämpfen mithilfe des Immunsystems Krankheiten. Zielgerichtete Therapien umfassen Medikamente, die systematisch in Vorgänge in der Krebszelle eingreifen. Sie verlangsamen beispielsweise deren Wachstum.
Therapie von Eierstockkrebs bei Kinderwunsch
Während die Entfernung der Eierstöcke für ältere Betroffene in der Regel unproblematisch ist, stellt sie für junge Patientinnen ein zusätzliches Problem dar. Denn für sie beginnen wenige Tage nach der Operation die Wechseljahre. Für diese zusätzliche Belastung gibt es unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten, je nach Alter und allgemeinem Gesundheitszustand der Frau.
Fünf Fakten über Eierstöcke
Ein gesunder Eierstock wiegt durchschnittlich etwa fünf Gramm – also ungefähr so viel wie ein Einfrankenstück.
Wenn ein Mädchen auf die Welt kommt, befinden sich schon alle Eizellen in den Eierstöcken – knapp eine halbe Million. Diese reifen ab der Pubertät regelmässig heran.
Die Eierstöcke produzieren verschiedene Hormone, unter anderem Östrogene, Progesteron und Testosteron.
Pro Zyklus reifen in jedem Eierstock bis zu 20 Eizellen. Aber nur eine von ihnen entwickelt sich zur Sprungreife und wird beim Eisprung abgegeben. Die anderen sterben ab.
Die häufigste Form des Eierstockkrebses entsteht gar nicht im Eierstock selbst, sondern im Eileiter.
Eierstockkrebs tritt in jedem Alter auf
Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwar bei Mitte 60. Aber im Laufe seiner Karriere hat Martin Heubner auch schon viele junge Frauen mit Tumoren behandelt. Dann stellt sich die Frage: Wie lässt sich der Tumor unter Erhalt der Fruchtbarkeit entfernen? Heubner erinnert sich an eine Patientin Anfang 20, die weinend und mit der Diagnose Verdacht auf Eierstockkrebs zu ihm in die Sprechstunde kam. Man habe mit ihr in der vorbehandelnden Klinik bereits über die Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke gesprochen. «Ich war skeptisch, weil diese Krebserkrankung in der Altersgruppe sehr selten ist.
Wie sich später während der Operation herausstellte, sollte ich Recht behalten: Sie war an einem Borderline-Tumor erkrankt, einer weniger aggressiven Art, die vor allem bei jungen Frauen auftritt.» Deshalb konnte Heubner schonender operieren, die Gebärmutter und ein Eierstock konnten belassen werden. «Wenige Jahre später bekam die ehemalige Patientin ein Kind und hat meines Wissens bis heute keinen Rückfall erlitten.»
Eierstöcke entfernen lassen wie Angelina Jolie
Immer häufiger lassen sich Frauen ihre Eierstöcke vorsorglich entfernen. Martin Heubner: «Mit einer nachgewiesenen erblichen Veranlagung für Brust- und Eierstockkrebs, der BRCA-Mutation, wird dies klar empfohlen.» Diese Massnahme erlangte vor allem durch prominente Betroffene wie Hollywoodstar Angelina Jolie Aufmerksamkeit. «Man muss sich aber bewusst sein, was für immense Auswirkungen nur schon das Testen hat», sagt Heubner. Deshalb ist immer schon vor der Testung eine ausführliche Beratung nötig.
Am KSB gibt es dafür die genetische Sprechstunde. Denn bei einem positiven Ergebnis werde man nicht nur selbst vor Entscheidungen gestellt, auch nahe Verwandte wissen plötzlich um ihr erhöhtes Risiko. «Dennoch ist diese Möglichkeit ein grosser Gewinn. Denn die Entfernung von Eierstöcken und Eileitern schützt sehr zuverlässig vor einem späteren Eierstockkrebs. Und auch bei einem erhöhten Risiko für Brustkrebs lassen sich geeignete Massnahmen einleiten.»
Hilfe für Frauen mit Krebs
Sind Sie von einem Krebs an Eierstock, Gebärmutter oder Scheide betroffen? Treten Eierstock- oder Brustkrebs in Ihrer Familie gehäuft auf? Die Ärztinnen und Ärzte des gynäkologischen Tumorzentrums am KSB beraten Sie gerne zur optimalen Behandlung, beantworten Fragen zu Chemotherapie oder beraten zu vorsorglichen Massnahmen.
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