Eine Frau stillt ihr Baby.

Wenn Mütter Stillen: Fragen und Antworten

Wunde Brustwarzen, Schmerzen beim Anlegen oder Milchstau – die natürlichste Sache der Welt ist manchmal alles andere als kinderleicht. Monika Häfeli, Stillberaterin am KSB, weiss Rat. Sie gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Stillen.

Monika Häfeli, fast jede Mutter stillt ihr Baby nach der Geburt. Doch nach drei Monaten gibt hierzulande nur noch die Hälfte ihrem Baby die Brust. Wie kommt das?

Viele Mütter realisieren erst nach und nach, wie viel Zeit ein Neugeborenes braucht. In der ersten Woche möchte das Baby etwa acht- bis zwölfmal täglich saugen – das ist viel und natürlich sehr streng für die Mutter. Wer nicht total überzeugt ist, gibt nach einigen Monaten auf. Doch es lohnt sich, durchzuhalten, denn wenn sich das Stillen erst einmal etabliert hat, läuft es meist besser. Während ich für den Schoppen das Milchpulver erst kaufen und dann das Fläschchen bereitmachen muss, ist Muttermilch kostenlos und allzeit verfügbar. Zudem enthält sie genau das, was das Baby gerade braucht; sie ist immer richtig temperiert und gut verpackt – also wirklich das biologisch Beste für das Kind. Aber Stillen ist nicht nur für den Nachwuchs gesund, sondern ebenso für die Mütter: Je länger eine Frau stillt, desto stärker sinkt ihr Brustkrebsrisiko.

Trotzdem: Die Schmerzen beim Anlegen, geschwollene Brustwarzen, Milchstau – gehört der Schmerz beim Stillen dazu?

Vielen Frauen tun die Brustwarzen zu Beginn weh. Das ist ganz normal. Gänzlich nehmen können wir die Schmerzen zwar meist nicht, aber es gibt Möglichkeiten, sie zu lindern. Wichtig ist vor allem die Prävention, sprich, dass man sich zu Beginn die beste Position zum Anlegen von einer Stillberaterin zeigen lässt.

«Wenn ich ins Zimmer auf unserer Wochenbettstation komme, sind fast alle Frauen mit dem Smartphone beschäftigt.»
Monika Häfeli, Stillberaterin

Manchmal will das Baby auch gar nicht trinken und schreit die Brust nur an. Warum?

Eine Frage, die sich wahrscheinlich viele Mütter beim Stillen stellen. Solche Probleme sollte man individuell in der Stillberatung anschauen. Oft haben Mütter in den ersten Wochen beispielsweise einen Milchstau, der dazu führen kann, dass das Baby die Brustwarze nicht richtig zu fassen bekommt und dann frustriert ist. Ausserdem wird oft vergessen: Das Wochenbett geht sechs bis acht Wochen. Dies ist die Zeit, in der sich das Mami und das Baby kennenlernen. Man muss sich Zeit nehmen und akzeptieren, dass nicht gleich alles perfekt läuft, sonst überträgt sich der Stress der Mutter auf das Kind. Manchmal steckt hinter Stillproblemen auch etwas anderes, zum Beispiel eine Wochenbettdepression.

Spielen Väter beim Stillen auch eine Rolle?

Die Einstellung des Vaters gegenüber dem Stillen ist durchaus relevant und wirkt sich auf das Stillverhalten der Mutter aus. So kann der Vater die Mutter gut dabei unterstützen, zum Beispiel, indem er ihr nachts das Baby zum Stillen bringt oder das Wickeln übernimmt. Die Beschäftigung mit dem Kind, es zu wickeln und zu tragen, stärkt zudem die Vater-Kind-Beziehung, denn diese läuft ja nicht nur über das Stillen. Auch kann er sich einbringen, indem er seiner Partnerin gut zuredet, wenn sie mal ein Tief hat. Im Faltblatt der Stillförderung Schweiz bekommen frischgebackene Papis viele weitere Infos zum Thema.

Können Frauen nach einer vorherigen Verkleinerung oder Vergrösserung der Brust eigentlich stillen?

Gerade nach einer Brustverkleinerung kann es sein, dass dies nicht zu 100 Prozent klappt. Da in diesem Fall um die Brustwarze ein Schnitt gemacht wurde und entsprechend auch Milchdrüsen entfernt worden sind. Dann müssen wir einfach schauen, dass es so gut wie möglich geht. Bei Vergrösserungen, wenn also Silikon in die Brust eingelegt wurde, ist das Stillen meist sehr gut möglich. Es gibt auch Frauen, die aufgrund einer Operation nur mit einer Brust stillen können.

Und wenn eine Frau gar nicht stillen möchte?

Wir sind zwar ein stillfreundliches Spital, doch darüber darf jede Frau natürlich selbst entscheiden. Selbstverständlich begleiten wir Frauen aber auch beim Abstillen. Gerade Frauen, die von Anfang an wissen, dass sie nicht stillen möchten, dürfen dies auch gern klar sagen.

Während des Stillens checken viele Frauen heute Nachrichten oder surfen im Internet. Stillen und Smartphone – ein Widerspruch?

Es gibt Studien, die besagen, dass der Smartphone-Gebrauch beim Stillen von der Strahlung her nicht optimal ist. Wenn ich heute ins Zimmer auf unserer Wochenbettstation komme, ist es tatsächlich so, dass fast alle Frauen mit dem Smartphone beschäftigt sind. Ich muss dann erst schauen, wer zuerst Blickkontakt mit mir aufnimmt, sodass ich mich um die Frau kümmern kann. Ausserdem ist die Mutter, wenn sie am Smartphone ist, nicht zu 100 Prozent beim Kind. Durch diese Ablenkung kann es gerade in der ersten Zeit leichter zu Fehlern beim Anlegen kommen. Und natürlich ist es insbesondere während der Bondingphase direkt nach der Geburt wichtig, dass es hier nicht zu Störungen kommt, sondern Eltern und Kind sich in Ruhe kennenlernen können.

«Die Beschäftigung mit dem Kind, es zu wickeln und zu tragen, stärkt die Vater-Kind-Beziehung.»
Monika Häfeli, Stillberaterin

Früher haben Frauen beim Stillen auch ein Buch gelesen oder in einer Zeitschrift geblättert …

Allerdings zieht uns das Smartphone mit seinen bewegten Bildern und seinem Aufforderungscharakter viel tiefer in seinen Bann als Printmedien, sodass man die oft subtilen Zeichen des Kindes nicht mehr so leicht erkennt. Auch Männer sollten ihren Medienkonsum während der Beschäftigung mit dem Kind überdenken.

Früher war also alles besser?

Nein, natürlich ist es für Mütter heute schön, dass sie mit der Welt verbunden bleiben, gerade wenn sie im Wochenbett sind und noch nicht hinauskönnen, so wie sie möchten. Ausserdem gibt es nützliche Apps und Facebook-Gruppen für stillende Mütter, in denen sie sich austauschen können. Gemäss einer Studie konnte das Nutzen einer Still-App die Stilldauer und die Zufriedenheit bei den Müttern sogar erhöhen. Es kommt eben wie immer auf die Dosis und Art des Medienkonsums an.

Stillberatung am KSB

Haben Sie Fragen zum Stillen, Abstillen oder zum Thema Stillen und Arbeiten? Wir beraten Sie gern – auch wenn Sie nicht im KSB geboren haben. Die Krankenkassen übernehmen via Grundversicherung drei ambulante Beratungen.

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